Wir starten am Nachmittag zu unserer Nachtfahrt nach Tunesien. Zum Unbehagen von Steffi entschließe ich mich schon früh entgegen der Erwartungen den doch vorhandenen Wind zu nutzen um auf Kreuzkurs zu gehen. Als Avalon aus Steffis Sicht zu sehr Schlagseite macht und man bei den Fenstern im Salon unter Wasser schauen kann, wird schnell gerefft und es geht immer noch mit mehr als 5kn auf Umwegen Richtung Ziel. Nach 20 Sm ist damit dann aber Schluss und wir stellen uns auf eine Nachtfahrt unter Motor ein. Mit Einbruch der Nacht zucken über mehrere Stunden ständig Blitze im Osten. Zu unserer Erleichterung kommen sie nicht näher und wir bleiben von Sturm und Regen verschont. Pünktlich zu meiner Wache kommt dann wieder Wind auf und ab Morgengrauen können wir segeln.
Da Steffi gut schläft merkt sie zum Glück nicht, dass wir hoch am Wind sind und etwas Lage machen. Im Laufe der nächsten 4 Stunden dreht der Wind über 45 Grad nach Süd und wir sind immer mehr auf Kreuzkurs. Als gegen Mittag der Wind wieder nachlässt haben wir keine 20 Sm mehr bis Bizerte und motoren den Rest. Unterwegs hatten wir für 15 Minuten eine sehr große Schule von Delfinen mit uns schwimmend, die ich vor lauter Aufregung aber nicht filmte.
Als wir den Hafen von Bizerte anlaufen sind wir erst verwundert, weil wir keine Masten anderer Boote entdecken können. Beim Einlaufen sehen wir dann doch ein paar. Obwohl die Marina seit Frühjahr 2012 eröffnet ist, ist sie noch eine totale Baustelle mit später dann über 700 Anlegeplätzen. Wir legen die Avalon zu den wenigen anderen Booten hier und und schon beim Festmachen begrüßen uns ungewohnte arabische Klänge; ein Muhezin singt von seinem Minarett.
Wir sind nun also außerhalb der EU und müssen daher erst einmal einklarieren. Es kommt der Hafenmeister zu uns an Bord. Formulare werden ausgefüllt und abgestempelt. Als uns der Hafenmeister fragt, ob wir nicht ein Geschenk hätten für die Hafenpolizei (gerne eine Flasche Whisky, jedenfalls Alkohol), wird schnell klar, dass die Dinge hier anders laufen. Bei der Flasche Pastis, die Karsten ihm gibt, schaut er zwar etwas verzwickt, aber seine neue Flasche Whisky will Karsten nicht kampflos abgeben. ;-)
Es folgen Zoll- und Polizeibeamte die uns an Bord aufsuchen. Auch hier wieder Formulare. Als die Polizeibeamten mit unseren Reisepässen wegfahren und meinen, diese in 15 Minuten gestempelt wiederzubringen, ist das ein komisches Gefühl. Die 15 Minuten werden zu einer Stunde und wir sind erleichtert, als die beiden mit unseren gestempelten Pässen wieder auftauchen. Die Formalitäten für unseren Aufenthalt in Tunesien sind also bis zur Ausreise erledigt.
Abends verlassen wir die Avalon, um uns die Stadt anzusehen. Wir durchqueren also das Baustellen/Hafengelände und erreichen einige Straßen weiter den alten Hafen. Am Weg dorthin kommen wir an einigen Lokalen vorbei – es sitzen jedoch ausschließlich Männer dort. Man sieht Frauen nur selten und wenn, dann in Begleitung eines Mannes. Ein etwas komisches Gefühl für Steffi; zum bummeln allein in die Stadt zu gehen, kommt hier nicht in Frage…
Auf dem Rückweg im Dunkeln über das Baustellengelände sehen wir einen streunenden Hund, bald einen zweiten und schon eine Minute später haben wir 4 streunende Hunde hinter bzw. neben uns laufen. Es wird auch schon mal geknurrt. Als der Hafen-Security-Mensch uns auf seiner Kontrolltour mit seiner Taschenlampe entgegenkommt und uns zum Boot begleitet ist klar – in diesem Land ist einiges anders…
Am Folgetag wird ausgiebig geschlafen und es folgt Bordroutine. Da wir einiges an Lebensmitteln brauchen und ich ein paar Bilder von der Stadt machen möchte stiefle ich allein los, da Steffi das Ganze nicht so geheuer ist. Nach einer halben Stunde werde ich von einem kleinen Opa angesprochen ob ich aus Deutschland käme. Er hat 30 Jahre in Leverkusen gearbeitet und „freut sich“ mir seine Stadt zeigen zu können. Zuerst zeigt er mir, wo ich später alles einkaufen kann und dann zieht er mit mir los durch die Stadt, dann in die Altstadt und dann in die ehemalige türkische Stadtmitte, welche von einer alten Mauer umgeben ist. Nach wenigen Metern merke ich schon, dass er diese Tour wohl häufig abzieht, denn viele kennen ihn und lachen, dass er wieder einen Touri im Schlepp hat. Was soll´s, mir gefällts ja. Ich mache mir nur Gedanken, wie viel er nachher wohl ergattern will. Abschließend geht er mit mir in den Markthallen einkaufen und hilft bei den Preisen. Zum Boot lasse ich mich nicht mehr bringen und frage, was er denn erwarte. 40 Dinar ist seine Antwort, immerhin der Tageslohn eines einfachen Arbeiters. Ich gebe ihm 20 Dinar, etwa 10€ und der Opa, der nur 59 Jahre alt ist, scheint immer noch zufrieden. Mit runden Füßen und einem vollen Rucksack geht es zurück. Es folgt noch ein Gang wieder in die Stadt, um aus dem Supermarkt den Rest zu holen. Ein wieder schwerer Rucksack plus 9 kg Wasser sind dann endgültig der Rest meines Fitnessprogamms für diesen Tag. Zur Belohnung warten an Bord schon die gefüllten frisch gekauften Auberginen und Zuchinis. Müde geht es in die Koje.
Hallo, aus welchem Jahr ist Euer Tunesien Bericht?
Viele Grüße, Hans-Georg
Moin Hans-Georg
Das war im Juni 2015