Auch an diesem Morgen lichten wir den Anker bei Windstille. Bis Mittag haben wir schon fast 30 Sm hinter uns, als es auffrischt. Mit gutem Wind geht es dann Richtung Mittelfinger, an dessen Ostseite wir eine Bucht für die Nacht ausgesucht haben. Ein uns unter Motor überholender Italiener verbringt eine ganze Zeit an dem Kap des Fingers, wie wir über unser AIS auf dem Bildschirm verfolgen können. Als wir in Sichtweite kommen, fährt er unter Motor hinter das Kap. Auch wir runden es bei ca. 15 Kn Wind von hinten. Kaum sind wir rum, ist die Welle weg, aber mächtige Böen pfeifen über die sanften Höhen des Kaps. Schnell ist Windstärke 6 (25kn) auf Halbwind erreicht. Also ab in den Wind und Segel reffen. Mit den Rollanlagen ist das schnell gemacht. Wir setzen den Weg Richtung der Bucht fort. Der Italiener ist auch wieder mutig und setzt wenig Segel, um uns zu folgen.
Die Berge backbord von uns werden höher und steiler, aber der Wind nimmt trotzdem nicht ab, im Gegenteil. Ordentliche Fallböen in Stärke 7 legen uns ein ums andere Mal trotz Reff auf die Seite. Als wir sehen, dass unsere Zielbucht nicht wirklich Schutz bietet, wird der Plan geändert und wir legen Kurs Südost. Mit einem Nachtschlag wollen wir bis zum kommenden Mittag in Chania auf Kreta sein. Mit Raumschotkurs und guter Fahrt geht es nun über viele Stunden voran.
Nachts passieren wir die Inseln Kythira und Antikythira, sowie die in deren Nähe reichlich vorhandenen Felsen. Etwas spannend bei stockdunkler Nacht, aber das Radar tut dabei sehr gute Dienste. Nach dem Morgengrauen ist dann schon bald die Nordwestecke Kreta´s in Sicht. Bei der Einfahrt in die Bucht von Chania wieder dieser Kap-effekt. Diesmal aber erst das Auffrischen des Windes und dann fast komplette Windstille. Eine halbe Seemeile muss der Motor helfen, dann pustet es wieder ordentlich. Die Einfahrt in den Hafen ist etwas tricky, dann empfängt uns aber Urlaubsfeeling pur.
Wir legen mit dem Heck vor dem Hafenamt an und befinden uns gleichzeitig direkt an der Partymeile der Stadt. Für uns ist erst einmal Faulenzen auf der Tagesordnung. Die drückende Hitze hier lässt auch sonst nicht viel zu. Unendlich viele gekühlte Getränke nehmen wir im Laufe der Tage zu uns, die aber den direkten Weg aus unseren Poren finden und uns permanent klitschnass machen.
Erwähnenswert ist meine Begegnung mit der griechischen Bürokratie und deren Sinnlosigkeit. In Gouvia auf Korfu hatte der dortige Beamte mir bei der Einklarierung die Crewliste gestempelt, mir aber kein Transitlog für 30€ verkauft. Ich solle, falls ich kontrolliert werde, und das würde ich ja ohnehin nicht, den Stempel auf der Crewliste zeigen und gut wäre es. In Pylos, bei dem Versuch mein Hafengeld los zu werden, fragte so ´ne Zippe vom Hafenamt nach meinem Transitlog. Ich zeigte stolz die Crewliste mit dem Vermerk aus Korfu und sie schüttelte den Kopf. Das geht so aber nicht. Da jetzt Freitagabend wäre, könne ich kein Geld für das Log einzahlen, müsse also bis Montag hier warten. Ich entgegnete, dass ich dies sicher nicht tun werde, sie wäre seit vielen Häfen ohnehin die erste, die an unseren Papieren etwas auszusetzen hätte. Sie ließ sich darauf ein, dass wir dann in Chania unsere Pflicht erledigen sollen und das Transitlog kaufen. Dies versuche ich hier nun auch und gehe vis á vis zum Amt. Dort erst einmal großes Rätselraten, wie zu verfahren ist. Nachdem ich ca. 5 verschiedene Beamte mit meinem Problem belaste, entscheidet der in schnieke weißer Uniform gekleidete Chef, ich müsse erst zum Steueramt in die Stadtmitte um die 30€ einzuzahlen. Auf die Frage, ob das hier nicht ginge, wurden viele Köpfe geschüttelt. Also Fahrrad ausgepackt und ab in die City. Nach langem Suchen finde ich letztlich das Amt und sehe mich ohne griechische Sprachkenntnisse vor großen Problemen. Meine Beharrlichkeit ermöglicht es mir aber nach einer Stunde und einem Computerabsturz im ganzen Amt, mein Geld schließlich los zu werden. Stolz erscheine ich wieder beim Hafenamt, um mein Transitlog nun zu bekommen. Wieder lerne ich viele Beamte kennen, die mir nicht helfen können. Schließlich lande ich wieder bei dem wichtigen in Weiß gekleideten Menschen, der nach langem Grübeln beschließt, ich könne das Log morgen früh um 9 h abholen. Super, das ist doch mal ein Grund für ein Hafenbier.
Pünktlich um neun stehe ich wieder auf der Matte. Oh Wunder, keiner weiß mit mir was anzufangen. Ich komme dann in den ersten Stock zu einer Dame, die sich wundert, dass ich ohne vollständige Papiere das Transitlog bekommen soll. Ein Vorgesetzter „überredet“ sie aber und sie füllt das Ding nun aus. Meine Halsschlagadern sind allerdings kurz vor dem Bersten, als sie mir eröffnet, dass ich mit dem Transitlog nun noch nach Souda zum dortigen Amt soll, zwecks Abstempeln. Souda wäre vom Marktplatz aus mit dem Bus in einer halben Stunde erreichbar. Ich weiß, dass jede Einrede zwecklos ist und schleiche mit schütteldem Kopf von dannen.
Wir beschließen für den Folgetag einen Mietwagen zu nehmen, um nach Souda zu fahren, bei Lidl wieder alles Schwere einzukaufen und danach eine Tour über die Insel zur Südküste zu machen. In Souda bekommen wir unseren Stempel, Lidl wird etwas reicher durch uns und der VW Up ächzt unter der Last von Wasser, Säften und Bier. Als alles an Bord verstaut ist, sind wir wieder klitschenass. Unser erstes Ziel auf der Tour über die Insel ist der Soldatenfriedhof von Malemes. Hier liegen über 4100 Gefallene Deutsche, hauptsächlich Fallschirmjäger, welche die Eroberung der Insel 1941 mit dem Leben bezahlten. Wäre mein Vater 1 Monat eher mit seiner Ausbildung zum Fallschirmjäger fertig gewesen, wären die Chancen über 33% gewesen, dass er jetzt auch hier liegen würde und ich keine Seereisen unternehmen könnte. Der Friedhof für alle auf der Insel gefallenen liegt auf der berühmten Höhe 107 oberhalb des wichtigen Flugplatzes von Malemes. Diese Höhe musste damals genommen werden, um mit der Landung Erfolg zu haben. Sie wurde genommen, aber zu welchem Preis?!
Wir fahren weiter zu einem kleinem Bergdorf, das nur über Schotterstraßen und Serpentinen erreichbar ist. Auch die Badebucht im Südwesten wurde uns unbedingt empfohlen. Sie sei eine der 10 schönsten der ganzen Welt. Weder das Bergdorf, noch der Strand hat uns aus den Schuhen gehauen. Es folgt die kurvenreiche Rückfahrt an der schönen Westküste. Steffi kann keine Kurven mehr sehen, als wir abends zurück sind.
Chania ist eine schöne Stadt und der Hafen wimmelt abends und in der Nacht von Touristen, die in einem der vielen Hafenlokale Essen gehen oder in den Lokalen bis tief in die Nacht das eine oder andere Getränk vernichten. Das Lokal direkt neben dem Hafenamt, also uns gegenüber, ist mit seinen vielen Straßentischen das wohl lauteste der ganzen Stadt. Bis 3 Uhr morgens dudelt die eher chillige Musik in einer extremen Lautstärke und vollem Bass. Zwischen 3h und 6h grölen dann etwas angeheiterte Griechen durch die Gegend und wenn wir ganz viel Glück haben rücken dann die Ata-Girls an, um teilweise mit Hochdruckreinigern lautstark den Dreck der Nacht zu beseitigen. Der Anlieferungsverkehr kommt so gegen 7.30h. Ab der zweiten Nacht gibt es dann diverse Taktiken. Ohrstöpsel und „müde Trinken“ stehen hoch im Kurs.
5 Tage für 50€ ist ein Schnäppchen und tröstet über die lauten Nächte hinweg. Soviel haben wir in Italien für eine Nacht bezahlt. Mit 10€ davon war der Strom ein Hauptposten. Die Kühlschränke wollen eben betrieben werden. Am letzten Tag gönne ich mir noch einen Auffrischungskurs für meine Tauchkenntnisse. Alles klappte noch erstaunlich gut, bis darauf, dass ich nicht mehr in meinen Isoprenanzug passte. Wusste gar nicht, dass die durch lagern so stark schrumpfen. Na ja, wohl miese Qualität…. ;-) Die Tauchgänge waren allerdings sehr schön. Zum ersten Mal bin ich durch Tunnel und Cavern getaucht. Bilder gibt es leider nicht davon. Montag sollen wir in Heraklion sein. Deshalb geht es auf halbe Weg erst einmal nach Rethymnon.
Klingt super, ich bleibe am Ball. Schoene Grueesse
Peter