Okt

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Die Einfahrt in den Hafen von Rabat ist wie bei fast allen marokkanischen Häfen an der Atlantikküste eine heikle Angelegenheit wenn auflandiger Wind herrscht oder eine hohe Dünung von draußen auf die Küste steht. Fast alle Einfahrten hier drohen zu versanden, haben aber zumindest eine Barre in der Einfahrt, bei der dann die hohen Wellen brechen. Nach einer an Wind armen Nacht, kommen wir gegen Mittag vor Rabat an.

Außer uns sind noch drei andere Segler hier, welche wohl schon länger warten, dass ein Pilotboot heraus kommt und alle in den Hafen lotst. Wir funken den Hafen ebenfalls an und bekommen die Aussage, das Boot wäre gleich da. So ist es dann auch und wir werden wie kleine Entlein von der Mutter durch die Teils Besorgnis erregenden Wellen und die flacher werdende Einfahrt in den Fluss Bouregreg geleitet. Um uns herum brechen die Wellen an den Hafenbefestigungen oder am Strand. Steuerbord von uns thront die Kashba von Rabat am Hügel und backbord ist die Stadtmauer der Medina von Sale. Das Ganze hat orientalischen Charme und ist ziemlich aufregend.

Doch nun kommen wir in den Genuß der marokkanischen Prozedur des Einklarierens. Vor dem Hafen ist eigens dafür ein Anleger gebaut, an dem wir in 2 Zweierpäckchen anlegen. Irgendwann kommt dann eine Schwadron von Offiziellen. Polizei, Zoll, Einwanderungsbehörde, Hafenamt und ein Schnüffelhund mit Herrchen. Alle füllen jede Menge Papier aus und nehmen außer meiner Drohne auch unsere Pässe mit. Nach fast 4 Stunden sind wir durch und haben die gestempelten Pässe wieder und dürfen zu dem, uns zugewiesenen Liegeplatz. Bald nach uns kommen Kevin und Glen, 2 pensionierte Kanadier, mit ihrer Halberg Rassy 40 an. Mit den beiden sehr netten Seglern werden wir die nächsten Etappen gemeinsam bestreiten.

Die Medina von Sale begeistert uns nicht sonderlich. Dafür ist ein Rundgang in Rabat sehr schön. Insbesondere die Kashba, mit dem herrlichen Blick auf Küste und Hafeneinfahrt, ist ein Höhepunkt hier. In der Medina werden uns überall lecker aussehende Köstlichkeiten an Ständen angeboten. Wir sind mutig und probieren das eine oder andere und haben am nächsten Tag etwas Magenprobleme. Keine Ahnung woran das gelegen hat.

Die ursprünglichen Planungen für Marokko ändern wir hier aufgrund eigener Erfahrungen, aber auch wegen Erzählungen anderer. Auch ist das Wetter immer wieder ein Aspekt, der für die Reiseplanung sehr wichtig ist. Von Rabat aus wollten wir eigentlich sehr viel mit dem Mietwagen erkunden. Nun aber entschließen wir uns, mit dem Zug nach Fes zu reisen und später dann von Agadir die größeren Erkundungen zu machen. Knapp 3 Stunden fahren wir mit dem Zug nach Fes. Landschaftlich hatte ich mir im mittleren Atlas mehr versprochen. Ähnlich wie schon im Rif-Gebirge ist es hier doch eher karg und wenig spektakulär. In Fes angekommen, geht es mit dem Taxi zum Hotel auf der anderen Seite der Stadt. In unmittelbarer Nähe zur Medina liegt diese Unterkunft, in einem Viertel, in welches wir uns freiwillig wohl nicht begeben hätten. Doch der äußerliche Schein trügt wie fast überall im Orient. Die Gassen und die Fassaden sind eher spartanisch bis herunter gekommen, doch Eingangstür und alles dahinter ist dann oft prachtvoll und stilvoll arrangiert. So auch hier. Es empfängt uns ein überaus freundlicher, englisch sprechender junger Mann, der uns im tollen Patio des Gebäudes mit Minztee bewirtet und danach das sehr schön eingerichtete Zimmer zeigt. Der Hotelchef gibt uns einen vorbereiteten Stadtplan mit, auf dem die Hauptsehenswürdigkeiten in Fußnähe eingezeichnet sind. Er warnt uns, nicht auf junge Männer hereinzufallen, die angeben ein Abkürzung zu kennen, uns aber nur zu bestimmten Geschäften zu führen, bei denen sie Provision kassieren. Nach unserem Erlebnis in Tanger fühlen wir uns auch so gewappnet und beginnen die Exkursion. Auf dem Weg zum Kupferviertel stehen wir an einer Brücke und überlegen kurz, ob links oder rechts. Da kommt ein junger Mann und sagt, wir sollen rechts gehen, um dahin zu gelangen. Wir gehen rechts und sind erstaunt, dass er den gleichen Weg hat. Um einige Ecken herum sind wir dann allerdings im Färberviertel und unser Guide lotst uns hoch in ein Ledergeschäft mit „dem besten Ausblick“. Am Eingang werden uns Minzblätter gereicht, an denen wir riechen können, wenn uns der Gestank aus den Gerbbottichen zu stark wird. Die Aussicht ist wirklich schön und sehr interessant ist, was uns der Chef des Ledergeschäftes über das Handwerk erzählt. Allerdings ist die Verkaufstour über 4 Etagen, wieder bis nach unten zäh und nervig. Wir sind aber zu höflich, ihm schon oben zu sagen, dass wir ganz sicher nichts kaufen werden. Unsere marokkanischen Sprachkenntnisse gehen über hallo und danke „Salam und Shukran“ nicht weit hinaus, zeigen aber unser Wollen und eine gewisse Freundlichkeit. Unten wartet unser Guide, um uns den Rest von Fes zu zeigen. Unmissverständlich machen wir ihm klar, dass wir von jetzt an allein weitergehen, dies mit einer anderen Betonung beim Wort Shukran !!

Die Medina von Fes ist riesengroß und absolut verwinkelt. Trotz des Stadtplans verlaufen wir uns etliche Male in diesem Gewühl aus immer wieder ähnlichen Ständen und Geschäften mit markanten und orientalischen Gerüchen. Moscheen, Koranschulen und viele andere Sehenswürdigkeiten sind uns Nichtmuslims verschlossen und außer den herrlichen Eingangspforten bleibt uns selten was anderes zu bestaunen. So versuchen wir möglichst viel vom Flair und der Stimmung dieses gigantischen Marktes in der Altstadt von Fes aufzunehmen. Zu Mittag essen wir in einem Restaurant, welches von außen abermals eher unauffällig scheint. Im Inneren sind wir erschlagen von der Größe und dem Prunk. Das Menü ist mehr als üppig, hat aber auch seinen Preis (für Touristen). Zusammen geben wir fast 650 Dirham aus (65.-€), ein Vermögen für Marokkaner, die meist ein Monatseinkommen von etwas 2000 Dirhan haben. Erstaunlich, wie viele Kilometer man in der Medina unterwegs ist. Hin und wieder mal einen Tee, um sitzen zu dürfen, hilft. Um nicht die gleiche Strecke wieder zurück gehen zu müssen, nehmen wir ab der Kashba ein Taxi, das uns zunächst zum Borj Norde, dem Nordturm der alten Wehrmauer von Fes bringt. Von hier aus hat man bei Sonnenuntergang einen tollen Blick über die ganze Stadt. Danach geht es zurück zum Hotel. Unzählige Male auf dem Weg glauben wir gleich aus dem Taxi gezerrt zu werden, denn immer wieder treten Passanten an die offenen Fenster, um das Taxi für sich zu reklamieren. Erschöpft und zufrieden fallen wir schon früh in das sehr große aber harte Bett. Ein reichhaltiges Frühstück in tollem Ambiente lässt uns den neuen Tag freudig beginnen. Da es regnet, verzichten wir darauf, die Sultanstadt Meknes auf dem Weg zurück nach Rabat zu besuchen. Leider muss man hin und wieder Abstriche machen, denn es gibt so viel zu sehen und alles geht nicht. Dafür sind wir früh zurück und können notwendige Einkäufe machen. Bei den absolut niedrigen Preisen für Taxis nehmen wir diesen Luxus in Anspruch und fahren zum Carrefour.

Vor der Abfahrt in Rabat, muss wieder ausklariert werden und 6 Boote sammeln sich am Steg. Nach fast 2 Stunden sind alle fertig und das Lotsenboot bringt seine Entlein wieder sicher aus dem Hafen. Obwohl sehr gutes Segelwetter angesagt ist, müssen wir 2/3 der Strecke bis nach Safi unseren Diesel bemühen. Insgeheim hatte ich gedacht, die 330 Sm bis Agadir in einem Stück zu bewältigen. Aber ohne Wind wäre das ein Frevel. Zwischenzeitlich kommt für eine halbe Stunde eine sehr große Schule Delphine zu uns. Ca. 100 Tiere schwimmen und springen um unser Schiff, tauchen drunter durch. Das Wasser um uns schäumt förmlich, soviel Gesellschaft sind wir gar nicht gewohnt. Die riesige Moschee von Casablanca können wir nur von der Ferne, von See aus, bestaunen, da Casablanca nicht auf unserer Besuchstour liegt.

In Safi, einem kommerziellen und Fischerhafen, machen wir an einem dreckigen Frachtschiff fest. Dies ist der einzige offizielle Liegeplatz für Sportboote. Neben uns legen dann im Päckchen noch unsere Kanadier und ein Katamaran an. Wieder die übliche Prozedur mit den Offiziellen, die in Scharen mit dreckigen Stiefeln auf die Boote kommen. Zusammen mit Kevin gehe ich am nächsten Morgen hoch, um den Papierkram für die Ausklarierung zu erledigen. Dafür werden wir mit dem Auto quer durch den Hafen zum Haupthafenamt gebracht. Zwecks Einzahlung geht es dann per Auto zur Bank. Nach fast 3 Stunden ist alles erledigt und wir wieder an Bord. Hier war inzwischen ein total dreckiger Snif-Dog in unserer Kajüte und den Betten. Steffi ist genervt und wir froh, wieder auf See zu gehen. Vorher muss allerdings noch aus Kanistern Diesel nachgebunkert werden, da wir sonst bei Flaute Gefahr laufen, ohne Sprit dazustehen. Hoffentlich ist die Qualität gut !!

Kaum sind wir vorm Hafen, empfängt uns eine Brise und wir können Segel setzen. Nach 7 Sm dann das, was irgendwann mal kommen musste. Wir haben ein Fischernetz gefangen und Avalon verliert sofort an Fahrt. Da wir den Motor nicht laufen hatten, kann das Netz nur am Kiel oder am Ruder festhängen. Ich gehe ins inzwischen kalte Wasser und stelle erleichtert fest, dass wir uns inzwischen wieder frei getrieben haben. Also wieder Segel hoch und weiter geht’s. Aus 6-10 Kn am Wind werden über die Stunden 20kn Raumschotwind. Wir kommen gut voran. Gegen 22 Uhr dann ein Geschnaube neben uns. Abermals ist eine sehr große Schule Delphine bei uns. Jetzt, bei Dunkelheit, ein ganz eigenes Schauspiel, denn die Tiere zischen durch das Wasser neben uns und man kann ihre Spur infolge der floureszierenden Partikel im Wasser genau verfolgen. Wenn sie aus dem Wasser springen leuchten sie teilweise und es ist einfach nur faszinierend.

Kurz vor dem Kap bei Essaouira müssen wir halsen und beschließen, vorsichtshalber auf das Großsegel zu verzichten. Das ist auch besser so, denn 3 Stunden später wird der Wind immer lebhafter und wir bekommen bis zu 35kn Wind von achtern. Zusammen mit der hohen See ist dies schon ein imposantes Ereignis und ich übernehme das Ruder. Nicht, dass der Autopilot das nicht könnte, aber man fühlt sich sicherer. Die Logge zeigt über 11kn Fahrt über Grund, das hatten wir bisher noch nicht. Nach einer Stunde ist alles wieder normal und Steffi kann die nächste Wache übernehem. 30 Sm vor Agadir ist dann Segel Bergen angesagt, weil der Wind einschläft. Es ist schon komisch, dass alle 3 Boote, die wir in Safi gestartet sind, fast zeitgleich im nächsten Hafen einlaufen. Die Einklarierung hier verläuft wesentlich angenehmer und schneller als bislang. Auch ist das Wetter hier wieder sehr sommerlich. Die Temperaturen der letzten Wochen waren doch schon arg im Keller, sodass wir lange Hosen und Jacken anhatten. Auf See fühlte man sich nachts wie eine Zwiebel, so viele Schichten musste man anziehen, um nicht zu frieren. Wir freuen uns auf diese letzte Station in Marokko und hoffen, neue Eindrücke von Land und Leuten zu bekommen.

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