Sep

10

Die Vorhersage mit einigen Tagen schwächerem Wind aus mehr ostnordöstlichen Richtungen gibt uns Hoffnung, den kaum mehr erwarteten Törn nach Madeira unternehmen zu können. Aufproviantiert starten wir bei der ersten Dämmerung am Sonntagmorgen, dem 28.8. Auf Höhe des Leuchtturms am Südwestkap von Lanzarote entscheidet sich meistens, ob man die geplante Reise wagen möchte.

Heute geht der Daumen nach oben und die Segel werden auf hart am Wind Kurs getrimmt. Den ganzen Tag und die folgende Nacht variiert die Windstärke zwischen 8 und 11 Kn bei mäßiger Welle. Die Windrichtung verändert sich von anfänglich Nord über Nordnordost auf Nordost. Dadurch brauchen wir an der Besegelung und dem Trimm nichts ändern, machen aber eine Kurve auf der Kurslinie von anfänglich 270 Grad auf später 350 Grad womit wir auf Direktkurs nach Madeira sind. Die kleine portugiesische Inselgruppe Selvagems, ein unbewohntes Naturschutzgebiet von 4 Rangern bewacht, passieren wir östlich in Sichtweite. Am Morgen lässt der Wind kurz nach, um dann immer mehr aufzufrischen auf bis zu 13kn. Bei der Windrichtung ONO beschert uns dies ein schnelles Vorankommen mit bis zu 7kn Fahrt. Wir passieren die südwestlich Madeira´s gelegenen Illhas Desertas auf deren Westseite. Sobald wir wieder Telefonverbindung haben nehmen wir Kontakt zu Nadja und Klaus auf, die einige Tage auf Porto Santos, einer Nachbarinsel Madeira´s waren. Sie sind zeitgleich auf der Rückfahrt und schon bald sehen wir ihr AIS Signal auf dem Kartenplotter. Wie der Zufall es so will fahren wir später fast parallel in die auserkorene Ankerbucht ein und unsere Anker fallen wenige Minuten nacheinander. Es gibt ein fröhliches Hallo und die 2 rudern mit dem Dinghi und einer Runde eisgekühlter Begrüßungsbiere zu uns herüber. Später am Abend holt uns Klaus mit dem Dinghi ab, auf eine Abendessen auf der Carpe Diem. Welch ein Service. Es gibt selbst gebackenes leckeres Brot mit Allerlei. Der 2. Gang ein wunderbares Hühnercurry. Lange sitzen wir noch bei Gin Tonic, Wein…. Bis wir dann, auch aufgrund Schlafmangels während der Überfahrt, todmüde zur Avalon übersetzen. Der Schlaf findet schon nach wenigen Stunden ein jähes Ende, da wir wie verrückt in der Dünung rollen. Eingeklickte Türen lösen sich aus den Arretierungen und schlagen wie wild. Wir rollen im Bett von einer Seite zur anderen, der Inhalt aller Schränke ist in Bewegung und macht Geräusche so wie das ganze Schiff knarrt. Die sonst ruhige Ankerbucht hat heftigen Schwell aus Süden, sodass für uns klar ist: keine weitere Nacht hier. Nadja und Klaus, die schon viele Nächte hier ankerten können es nicht fassen. Noch vor dem Frühstück verholen wir beide Boote in die 2 Sm entfernte Marina von Quinta do Lorde im Osten der Insel Madeira. Hier treffen wir Roland und Silke von der SY Fortuna, ebenfalls einer Sunbeam 42.1. Mit Roland hatte ich WhatsApp Kontakt wegen der Turboprobleme unserer Yachten.

Für die nächsten 3 Tage mieten wir uns mit Nadja und Klaus einen Mietwagen. Die beiden wollen uns schöne Ecken der Insel zeigen. Am ersten Tag geht es ab Mittag in die Hauptstadt Funchal. Unser Hauptanliegen dort, eine Korbschlittenfahrt von Monte hinab nach Funchal müssen wir als Programmpunkt streichen, da ab heute beginnend die Strecke für 12 Tage gesperrt ist wegen Reparaturen. Wir fahren dennoch mit dem Auto hoch und besichtigen die Kirche und Parks dort. In der City bummeln wir etwas durch die Straßen und besuchen den traditionellen Markt. Hier werden wir als typische Touristen amüsant und geschickt etwas geneppt. Wirklich tolle Früchte erwerben wir ohne nach dem Preis zu fragen. 2 Tüten Obst á 45€ nenne ich stattlich. Gut, dass wir alle 4 ohne Gram darüber lachen können.

Weiter geht es zu einer Glasaussichtsplattform über einer über 500m hohen Steilküste am Cabo Girao. Zum Abendessen fahren wir in den hübschen Küstenort Camara de Lobos. Der Ort ist für Festivitäten hübsch geschmückt und lädt ein zum Puncha trinken. Nachdem wir Jugendlichen beim „Klippenspringen“ zugeschaut haben, geht es in ein höher gelegenes Fischrestaurant, wo wir den Madeira typischen Espada essen, einen wohlschmeckenden Degenhecht der mit Angelschnüren aus 2000m Tiefe geholt wird. Vor der Weiterfahrt gibt es den abendlichen Schreck als der Autoschlüssel verloren ist. Er findet sich im Sessel unseres Restaurants wieder.

Der nächste Morgen führt uns in eine Schlucht im Hochland zu einer Wanderung.

Über Wasserrinnen, den Levadas, wird das im eher trockenen Süden der Insel gebrauchte Wasser aus dem Hochland hergeleitet. Manche Rinnen werden in Tunneln durch Berge geführt. Durch solch einen langen, engen und total dunklen Tunnel beginnen wir unseren Marsch. Trotz Stirnlampen tappt man hin und wieder in große Pfützen. Platzangst sollte man auch nicht haben. Nach dem Tunnel geht es durch eine wunderbar grüne und schattige Landschaft zu einem hohen Wasserfall, der momentan allerdings wenig Wasser führt. Auf dem selben Weg geht es dann nach einem Picknick wieder zum Auto. Mit dem Auto geht es dann in den äußersten Nordwesten nach Porto Moniz in ein Naturfreibad. Direkt neben der offenen See wird mit Pumpen Meerwasser in Naturbecken gepumpt, was dann wieder in die See fließt. Anschließend fahren wir zum äußersten Westen, einem Leuchtturm an der Steilküste. Zuvor gab es einen Halt bei einem Kiosk, um Sundowner Bier vorrätig zu haben. Auf Anraten eines Stegnachbarn reservieren wir in einem Restaurant auf dem Heimweg um dort die berühmten Espetadas (Fleischspieße auf Lorbeerzweigen) zu essen. Dort angekommen ist die Versuchung groß nicht im Restaurant, sondern 5 Häuser daneben beim örtlichen Fleischer selber auf dem Feuer zu braten und danach an rustikalen Tischen zu verspeisen. Wir gehen dennoch ins Restaurant und sind nicht vollends begeistert. Die Bedienung und auch Klaus´Gericht sind nicht der Hit. Uns anderen schmeckt es sehr gut.

Am dritten Tag fahren uns die Reiseführer in den Norden der Insel. Im Hafen der netten Bucht von Porto da Cruz trinken wir einen Cafe und erfahren, dass heute das örtliche Weinfest mit allem drum und dran (einschließlich deftiger Espetadas) gefeiert wird. Das wollen wir uns heute Abend nicht entgehen lassen und sagen den bereits geplanten netten Abend im Hafen mit den Nachbarn wieder ab.

Vorher fahren wir aber noch zum Gipfel der höchsten Erhebung auf der Insel. Leider keine Sicht, da in den Wolken. Weiter über Faial, einem weiteren tollen Aussichtspunkt, geht es nach Santana, wo die alten mit Stroh gedeckten Häuser stehen. Auf dem Markt dort wird frisches Obst und Gemüse gekauft und im Supermarkt alles weitere für die Überfahrt. Nachdem die Einkäufe an Bord verstaut sind geht es wieder nach Porto da Cruz. Für relativ wenig Geld kauft man am Stand das Rindfleisch seiner Wahl. Dies wird in großen Stücken auf große Spieße aus Lorbeerzweigen geschoben und dann über einem offenen Feuer gegart. Gut, dass uns ein netter Einheimischer einige Tipps gibt und die richtige Garzeit abpasst. Zum Fleisch schmeckt der hiesige Rotwein ganz hervorragend. Nadja und Klaus kennen die Verhältnisse und haben uns mit Geschirr, Besteck und Beilagen sowie Servietten ausgerüstet. So ist die ganze Sache doch etwas kultivierter und schmackhafter. Wir verweilen noch etwas beim anschließenden Umzug der Dorfvereine und fahren dann zur Marina zurück. Carpe Diem will am nächsten Tag fahren. So sitzen wir zum Abschied noch etwas länger bei den beiden im Cockpit. Die Nachbarn vom Katamaran kommen auch noch rüber und es entwickelt sich ein netter Plauderabend. Nachdem Carpe Diem am nächsten Tag abgelegt hat warten wir darauf, dass unser Mietwagen abgeholt wird und wir die Kaution zurückbekommen. Da niemand kommt und auch unsere Anrufe unbeantwortet bleiben, nutzen wir das Auto noch einmal für Einkäufe und fahren zum Vermieter nach Machico. Nach Erhalt der Kaution fahren wir zur Marina zurück und geben den Schlüssel später ab.

Roland und Silke von der SY Fortuna kommen abends zu uns an Bord und es werden intensivst Erfahrungen mit unseren Sunbeams ausgetauscht.

Am Folgetag nehmen wir zunächst ein Taxi, um zur Krankenstation nach Machico zu fahren, da Steffi starke Schluck- und Ohrschmerzen hat. Ihre Befürchtung einer starken Mittelohrenzündung bewahrheitet sich zum Glück nicht. Mit zusätzlichen Medikamenten ausgerüstet fühlen wir uns jetzt aber bereit die Rückfahrt nach Lanzarote anzutreten. Nadja und Klaus sind auch noch nicht auf dem Rückweg, da eine große Flaute herrscht. Wir legen uns für diese Nacht zu Carpe Diem in die benachbarte Ankerbucht. Dort gibt es heute selbstgebackene Pizza, welche wir sicher nicht ausschlagen. Die folgende Nacht ist nicht ruhig aber wesentlich angenehmer als die vor ein paar Tagen.

Die Zeit auf Madeira ist für uns viel zu kurz gewesen. Die Insel ist in jedem Fall eine Reise wert und wir wissen, dass wir irgendwann wieder zurückkommen, um mehr zu erleben und zu sehen.

Um 8 Uhr morgens heißt es dann mehr oder weniger fit Anker auf. Wider Erwarten haben wir heute auch wieder keinen Wind. Im Konvoi mit Carpe Diem motoren wir gen Südosten an der Ostseite der Desertas vorbei. Wir haben die Passatsegel angeschlagen für erwarteten achterlichen Wind. Für geringe Windstärken ist zusätzlich der Parasailor vorbereitet. Erst nach 70 Seemeilen reicht der Wind, um den Parasailor setzen zu können. Anfangs relativ langsam, später immerhin mit 5-6 kn Fahrt kommen wir voran. Entgegen meinen Vorsätzen entscheide ich mich dafür das wirklich große Segel über Nacht stehen zu lassen, da kein Wind mit mehr als 15kn vorhergesagt ist. Wir haben Glück, dass die Prognose zutrifft, denn bei Dunkelheit dieses Monster bei starkem Seegang und starkem Wind alleine vorne auf dem Vorschiff zu bändigen ist abenteuerlich. Einen Vorgeschmack dafür bekomme ich bei gutem Licht am Morgen und nur 14kn Wind. Mega anstrengend kann ich nur sagen. Danach baumen wir beide Spibäume für unser Passatsegel aus, was sich später als nicht so clever erweist. Wir hätten besser unter normaler Segelstellung mehr Höhe nach Osten segeln sollen solange der Wind noch gemäßigt ist. So sind wir nun durch die Passatsegel gezwungen mehr oder weniger vor dem Wind zu fahren. Das schräg nach vorne Ausbaumen des Luvsegels ist nicht so glücklich, da bei viel Wind erhebliche Belastungen auf Leinen und Rigg entstehen. Also muss in der zweiten Nacht bei 25kn Wind die Ausbaumung angepasst werden, die Segel gerefft und der Kurs mehr nach Westen korrigiert werden. Danach haben wir eine angenehme und mäßig flotte Fahrt durch die Nacht, allerdings nicht auf dem richtigen Kurs nach Rubicon. Daher werden nach der Morgendämmerung die Bäume entfernt, die Passatsegel als Fock auf Steuerbordbug gefahren und es geht etwas spitzer als Halbwind 30Sm bis zum Südwestkap von Lanzarote. Daher kommen wir dann auch ein paar Stunden später als Nadja und Klaus in Rubicon an. Bei der anschließenden Manöverkritik sind wir uns einig, dass dieser Törn extrem lehrreich war für viele Aspekte des Langtörnsegelns. Alles was Sicherheit an Bord, Wahl der Besegelung, Leinenführung, Wacheinteilung usw. betrifft, muss etwas anders bewertet werden.

Auch wenn die Rückfahrt enorm anstrengend war, überwiegt die Freude und Zufriedenheit diese Erfahrungen gemacht zu haben.

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2 Responses

  1. Salut les amis,

    war eine herrliche Zeit mit Euch auf Madeira, tolle Insel,sehr schoene Momente, intensive Gespraeche und immer das viele Lachen !
    Freuen uns schon riesieg auf die Zeit in der Karibik .

    Bisous de Paris.
    Nadja § Klaus
    Carpe Diem

    • Ja, Nadja und Klaus, es hat wirklich Spaß gemacht mit euch. Danke für die Reiseleitung !!! Gerne immer wieder, erst recht in der Karibik…..



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