Mrz

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Mittlerweile fühlen wir uns schon fast wie Floridianer. In der Gegend Cape Canaveral, Cocoa und Merrit Island kennen wir uns schon so gut aus, dass wir das Navi fast nicht mehr brauchen. Immer wieder fahren wir los, um Besorgungen zu machen, meistens sind das Ersatzteile oder Werkzeug für das Boot. Und immer wieder schmeißen wir unsere Abfahrtpläne über den Haufen, weil oft was Unerwartetes eintritt.

Am Tag unserer Notkranung haben wir einen sehr netten Mechaniker, Aaron, kennen gelernt. Er und sein väterlicher Freund J.T., 73jährig, haben den Auftrag unsere Leckage zu beheben. Das alte V4A Rohr wird herausgenommen und durch ein neues aus Glasfaser / Epoxi ersetzt, was wieder einlaminiert wird. Zusätzlich zieht er einige neue für die korrodierten Stromkabel zur Ankerwinsch ein. Auch führt er die Neuausrichtung von Motor und Antriebswelle durch. Nach 2 Wochen ist es dann endlich soweit, dass wir wieder ins Wasser können. Wir schleifen nochmals das Coppercoat am Unterwasserschiff an und schon kommt der Kran. Avalon wird ins Wasser gelassen und wir gehen an Bord. Es ist die gleiche Bedienmannschaft wie vor 2 Wochen dabei, als wir die Leckage hatten und wieder an Land mussten. Einer von ihnen steht hinter dem Heck an Land, um mittels Stange Avalon in Position zu halten. Dabei hält er eine Hand schützend vor die Augen. Ich denke, er hat die Aktion von vor 2 Wochen im Sinn und frage ihn, ob er das (wieder Wasser ins Schiff kommen) nicht sehen will. Auch ein anderer Kollege fragt ihn, warum er die Hand vor den Augen hat. Er entgegnet dann, dass Steffi sich doch sehr über die Reling beugt und er sonst alles sehen könnte. Dies hat zum einen ein Riesengelächter zur Folge, aber auch Unverständnis bei anderen, die meinen, das wäre doch eine schöne Aussicht. Steffi hingegen bekommt eine andere Gesichtsfarbe.

Jetzt sind wir aber endlich wieder im Wasser und Avalon bleibt trocken. Wir brauchen keine Hotels mehr bezahlen und fangen auch wieder an vermehrt selbst zu kochen. Inzwischen haben wir einen anderen Mietwagen. Da die bestellte Fahrzeuggröße nicht verfügbar ist, bekommen wir zum gleichen Preis einen großen SUV, einen Chevy Suburban mit 8 Zylindern und allem Pipp und Papp, ein Riesending.

An Bord wird fleißig weiter gebastelt. Unser Turbo ist wieder verrußt und ich muss ihn reinigen. Die Turbine bekomme ich schnell wieder zum Drehen, nur das Wastegate (Überdruckauslass des Turbos) ist hartnäckig. Aber auch dies bekomme ich mit viel Rostentferner und Geduld in Funktion. Steffi zieht mich in den Masttop und ich montiere den reparierten Windmesser. Bei einer Probefahrt im Hafen können wir zufrieden, das Funktionieren aller Reparaturteile feststellen. Avalon läuft wieder bei 2000 Umdrehungen des Motors 7,5kn schnell.

Am Nachbarsteg liegt Reinhard, ein Österreicher aus Graz, mit seiner Brigatine, einem Schoner aus Stahl. Er lädt uns zum Essen ein und so lernen wir bei ihm an Bord auch seinen Bootsnachbarn Jonathan aus Washington State kennen. Dies ist dann auch wieder seit langer Zeit ein feuchtfröhlicher Abend. 2 Abende später haben wir einen Deutschamerikaner, Robert Mueller, bei uns an Bord. Er ist Leiter der Robotikabteilung bei der NASA und bereitet mit seinem Team die Exploration des Mondes 2027 vor. Es wird ein sehr geselliger und hoch informativer Abend mit ihm. Er will sich langsam aus dem Berufsleben herausnehmen und mehr Zeit auf seinem Schiff zubringen, welches er in viel Eigenarbeit zur Zeit restauriert.

Da an diesem Abend unsere Gästetoilette endlich wieder genutzt wird, kommt zum Vorschein, dass sie nicht mehr dicht ist. Beim Einbau eines neuen Seeventils vor 1 Monat hat der Mechaniker wohl so sehr an dem Schlauch gezerrt, dass dieser sich an der oberen Befestigung gelöst hat und nun eine nicht wohlriechende Flüssigkeit in den Badschrank darunter rinnt. Somit haben wir einen Tag mit Putzen und Reparatur gewonnen.

Auch wird endlich die neue Spayhood und das neue Bimini montiert. Alles geht viel einfacher, als befürchtet. Gut, dass wir die Teile beim Originalhersteller bestellt haben.

Bei dem fälligen Motorservice kommt ein kaputter Impeller zu Tage. Es ist ein Wunder, dass der immer noch genügend Seewasser für eine ausreichende Kühlung des Motors lieferte. Da etliche Bestandteile des Gummiteils nicht mehr auffindbar sind, muss ich den Kühlstrang bis zum Ölkühler demontieren. Hier mache ich große Beute. Wohl auch Teile des vorherigen Impellers sind dabei. War wohl höchste Zeit für diese Aktion.

Reinhard und Jonathan kommen zu einem Gegenbesuch zu uns an Bord. Es gibt leckeres Curry und allerhand Bier und Wein. Jonathan hat mehr Sitzfleisch als Reinhard und bleibt bis spät nach 3 Uhr morgens. Als er von Bord gehen will landet er fast im Wasser, kann sich aber auch dank meiner Hilfe gerade so zwischen Nachbarboot und Steg halten. Ich helfe ihm wieder auf und will ihn in dem Zustand nicht allein durch den Hafen gehen lassen. Neben mir torkelnd schafft er es bis fast zu seinem Boot, fällt dann aber in hohem Bogen vom Steg ins Wasser. Vor Schreck starre ich ins schwarze Nass und bin heilfroh, als sein Kopf wieder über der Wasseroberfläche erscheint. Keine Leiter ist in Reichweite und ich kann ihm nur eine Leine zum Festhalten von Reinhard´s Boot aus zuwerfen. Mit meinem Rufen kann ich Reinhard nicht aufwecken und ich weiß nicht wie ich Jonathan wieder aus dem Wasser kriege. Am Heck der Brigatine sehe ich dann eine Badeleiter, die ich ins Wasser lasse. Durch das kühle Wasser ist Jonathan wohl wieder so nüchtern geworden, dass er es schafft auf dieser Leiter wieder aus dem Wasser zu kommen. Überall hat er sich Wunden zugezogen, als er an Pollern und Tampen scharfe Muscheln erwischte. Blutend aber auch glücklich lebend wieder an Land zu sein, wiederholt er ständig seinen Dank, ich habe ihm das Leben gerettet. Es ist wirklich glücklich zu nennen, dass ich nicht soviel getrunken habe wie er und auch realisiert habe, dass ich ihn nicht allein gehen lassen darf. Hoffentlich werden alle Beteiligte etwas schlauer durch diese Erfahrung.

Nach weiteren 2 Tagen Arbeit ist morgen nun der Tag der Abreise. Heute haben wir beim CBP ausklariert. Um 9 Uhr früh soll es losgehen, um mittags des nächsten Tages in den Abacos in den Bahamas anzukommen. Wie schnell kommen wir wieder in den gewohnten Trott? Es ist nun schon 8 Monate her, dass wir gesegelt sind. Mal sehen, wie alles klappt….

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