Aug

6

Wieder allein erledigen wir zuerst die notwendigen Besorgungen: Wäsche, Bootsreiningung, Außenwäsche und Einkauf. Ansonsten sind wir faul und bereiten uns auf den morgigen Tag vor, an dem wir südostwärts zum griechischen Festland wollen.

An diesem Morgen runden wir das Kap, an dem die Festung von Korfu Stadt liegt und sehen ein futuristisches Segelschiff, die „A“. Dieser Dreimaster wurde in Kiel gebaut und passte dann nicht mehr aus der Ostsee heraus, weil zu hoch für die Brücken. 146m hoch, 26m breit und 8m Tiefgang, in meinen Augen zudem hässlich. Keine Ahnung warum man sich so was bauen lässt.

Laut Reiseführer ist der Hafenort Igoumenitsa weder hübsch, noch wirklich auf Sportboote ausgelegt. Zudem sollen sich viele Flüchtlinge dort aufhalten und die Gegend etwas unsicher machen. Deshalb steuern wir den südlich gelegenen Hafen Platarias an. Hier organisiere ich für den nächsten Tag einen Mietwagen, denn wir wollen einen größeren Abstecher ins Hinterland bis zu den großen Bergen und Schluchten machen. Die einsamen Bergdörfer sind im Reiseführer toll beschrieben. Abends gehen wir mit zwei sehr netten norwegischen Paaren zusammen Essen. Diese hatten uns direkt beim Anlegen zu sich auf das Nachbarboot eingeladen auf einen alten norwegischen Brauch hin: den Anlegeschnaps!! Also daher kommt dieser nette Brauch :-)

Das Auto, welches ich aus Igoumenitsa bestellt hatte, kommt nicht. Angeblich hatte man dem Wirt, über den ich den Kontakt hatte, später abgesagt. Da in Platarias keine Mietwagen aufzutreiben sind, streichen wir unseren Ausflug und machen uns auf den Weg nach Albanien. Etwas traurig sind wir schon, Griechenland nun zu verlassen, war es doch für viele Monate in den letzten 2 Jahren ein tolles Reiseland. Sowohl die Küche wie auch die Menschen haben uns außerordentlich gut gefallen.

Nun ist die Spannung groß, was uns wohl in Albanien erwartet.

Das Land der Skipetaren, wie Albanien nicht nur bei Karl May heißt, war lange Jahre unter kommunistischer Regierung von dem Rest der Welt abgeschottet. Seit dem Regimewechsel 1991 öffnet sich Albanien immer mehr und wird langsam auch für Segler und Touristen ein Ziel. So jedenfalls steht es im Törnführer. Wir setzen erwartungsvoll die rote Flagge mit dem Skipetar, dem Steinadler und segeln in die Bucht von Sarande. Vorher haben wir telefonischen Kontakt mit dem Agenten Agin aufgenommen, der unsere Einklarierung im Hafen organisieren soll. Bei der Anmeldung über Funk mit den überaus freundlichen Hafenbehörden werden wir angewiesen, im Hafen vor dem Strand den Anker zu werfen, da der Anleger für diese Nacht voll besetzt ist. Zur Einklarierung setze ich mit dem Dinghi über. Gegessen wird heute an Bord. Nach einer ruhigen Nacht vor Anker geht es wieder mit dem Dinghi rüber zur Stadt. Dafür müssen wir vor der Hafenpolizei anlegen, um durch die Terminalsicherheitsbereiche den Hafen zu verlassen. Viel Aufwand, aber unser Dinghi liegt hoffentlich sicher. Unser Agent, besser seine weiblichen Angestellten, kümmern sich sehr um uns und beantworten alle Fragen, wie und wo wir was finden. Für den nächsten Tag buchen wir ein Taxi samt Fahrer, der uns einige Sehenswürdigkeiten der Gegend zeigen und erklären soll. Heute aber bummeln wir etwas durch Sarande und sind schon erstaunt über die etwas andere Art des Stadtlebens hier. Dies ist ein sehr touristischer Ort und das Strandleben ist wie in allen Städten am Mittelmeer. Ansonsten kommt es einem so vor, dass jeder zehnte Mann hier irgendwie als Wachmann, Security oder Aufpasser engagiert ist. Sowieso stehen oder sitzen die meisten herum, ohne dass eine „Arbeit“ ersichtlich ist. In den Lokalen wuseln mindestens 3 mal so viele Angestellte herum, als notwendig. Ganz bedrückend ist die enorme Anzahl von bettelnden Kindern, augenscheinlich Gypsys. Auch Mütter liegen mit ihren Neugeborenen nachts auf den Gehsteigen, auf denen sich die touristischen Massen zu ihren Tanzlokalen drängeln und zeigen bettelnd die Babys. Laut Reiseführer würden Zuwendungen an diese Bettler nicht bei denen verbleiben, denn diese Gruppen sind straff organisiert und alles Erbettelte wird denen wieder abgenommen und landet bei ihren Bossen. Am liebsten würde man wegschauen, denn wirklich helfen kann man nicht. Abends, nachdem ein Kreuzfahrtschiff nicht mehr den Anleger für seine Tenderboote braucht, dürfen wir anlegen. Aber nicht nur wir, sondern auch 5 weitere Boote, die darauf gewartet haben. Da jeder Angst hat (unbegründet) keinen Platz mehr zu bekommen und die jeweiligen Agenten per Funk Anweisungen geben, bricht ein sinnlosen Rennen aus. Anker fallen panikartig in schneller Folge dicht nebeneinander und nach wenigen Minuten liegen wir alle ruhig da und wundern uns, dass noch so viel Platz für andere da wäre. Das hätte auch gesitteter laufen können.

Am Morgen um 9 Uhr wartet unser Taxi und wir fahren zuerst nach Gjirokastra. Die Fahrt über einen Bergpass (600m) ins dahinterliegende Tal ist interessant, da man einen Eindruck von der gebirgigen Struktur des Landes bekommt und der kaum vorhandenen Infrastruktur. Auch die Erklärungen des Fahrers über die Lebenssituation jetzt und unter der kommunistischen Herrschaft zuvor helfen ein wenig das zu verstehen, was wir sehen. Korruption und Vetternwirtschaft ist allgegenwärtig. Einnahmen aus dem Verkauf von Bodenschätzen etc verschwinden bei wenigen und die große Masse der 3 Millionen Albaner muss mit ärmlichen Mitteln durchkommen. Obwohl aus den Bergen Wasser im Überfluss kommt, wird den Einheimischen nur 2 mal am Tag Wasser zugeteilt. Auch die fruchtbaren Gegenden in den Flusstälern werden kaum bestellt, da es sich mehr lohnt, ins Ausland zum Arbeiten zu gehen, als die Erträge der Felder zu vermarkten.

In Gjirokastra besuchen wir eine alte Festungsanlage oberhalb der türkischen Wohnviertel. Hier hatte der berühmte Ali Pascha eine seiner wichtigsten Wehranlagen. Auch im Partisanenkrieg gegen die Italiener und später die Deutschen war Gjirokastra ein wichtiges Zentrum. Ein Militärmuseum in der Burg zeugt von dieser Zeit.

Danach geht die Fahrt zum Blue Eye, einer großen Quelle. Hier sprudelt das unterirdische Wasser in großer Menge an die Erdoberfläche und wird schnell zu einem ordentlichen Bach, der die ganze Gegend fruchtbar macht. Aufgrund des hellen Gesteins rund herum und der Reflexion des Himmels bei gutem Wetter hat die Quelle diesen Namen. Letzte Station auf unserer Rundreise ist die antike Halbinsel Butrint. Da Weltkulturerbe, wird weiträumig um diese Halbinsel herum jegliche Bebauung untersagt. Dadurch bleibt die landschaftliche Einbettung der antiken Ruinen in diese Lagunenlandschaft zwischen Binnensee und Meereszugang erhalten und man bekommt einen fantastischen Eindruck davon, wie wohl die Römer und später die Venezianer hier lebten. Große Teile Albaniens waren damals eine sehr fruchtbare Provinz (Epirus) von Rom und reiche Senatoren liebten es ihren Wohnsitz nach Butrint wegen seiner Schönheit und seines guten Klimas verlegen zu können. Auch wenn wir nur wenig Zeit haben, sind wir sehr von dieser Halbinsel angetan. Noch am gleichen Abend machen wir uns auf den Weg zur Palermo Bucht. 15 Sm entfernt gehen wir an einen großen Betonpier längseits. In dieser Bucht steht ebenfalls eine mächtige Burg von Ali Pascha und am anderen Ende kann man Reste einer verlassenen Militäranlage erkennen. Dies war ehemals ein geheimer U-Boot Bunker der Russen. Früh geht dann die Fahrt unter Motor weiter zur Marina Orikum. Da kein Lüftchen weht machen wir einen kleinen Badestop in einer der wenigen Buchten auf dem Weg. Auch hier bewegen wir uns in Gegenden mit geschichtlicher Relevanz. Julius Cäsar focht hier seinen Kampf im Bürgerkrieg um die alleinige Macht in Rom gegen seinen Widersacher Pompeius. Seine Truppen gingen hier an Land, überquerten einen Pass und eroberten Orikum. Dass seine Schiffe später komplett in Orikum vernichtet wurden, war zwar bitter für ihn, aber hielt ihn nicht davon ab, den Bürgerkrieg zu gewinnen und Alleinherrscher zu werden. In Orikum ist heute die einzige Marina in ganz Albanien. Die Zufahrt hinein ist sehr spannend, da man sich ganz eng zwischen Hafenmauer und Betonnung halten muss, um rechtwinklig eine Kurve zu fahren. Manchmal zeigt unser Echolot nur noch 2m. Aber wir kommen heil an. Auch für den Folgetag stehen wieder 60 Sm mangels Wind unter Motor auf dem Plan. Wir müssen uns für den größten albanischen Hafen Durres wieder mit einem Agenten verabreden. Captain Llambi Papa begrüßt uns am Pier inmitten von Kränen und Containern im Handelshafen. Der nette Herr erledigt mit uns zusammen an Bord den aufwendigen Behördenkram und erzählt uns allerlei aus seinem bewegten Leben, früher als Offizier auf Handelschiffen und später als Gutachter für Versicherer und andere Firmen in Cargoangelegenheiten. In dieser Funktion war er sogar schon einmal in Brake. Für den Abend folgen wir seinen Empfehlungen und gehen gut Essen und später auf einen Bummel in die City. Dort gibt es ein altes Amphitheater der Römer, welches allerdings größtenteils verfallen ist und man nur noch ahnen kann, was sich hier für schaurige Szenen abgespielt haben. Gladiatorenkämpfe und die Verspeisung von Christen an wilde Tiere gehörte damals zum guten Ton. Auf dem Rückweg zum Boot entdecke ich eine Bar mit dem Symbol von Hannover 96. Der Inhaber lebte mal in Hannover und wurde Fan vom Fußballverein.

Llambi Papa händigt uns morgens um 8 Uhr unsere Papiere für die Ausklarierung aus und wir verlassen Durres und einige Seemeilen später auch Albanien. Alles in allem sind wir nicht traurig, denn ein Highlight auf unserer Reise war das nicht. Man kann nur hoffen, dass es die Albaner schaffen, mehr aus sich und diesem Land zu machen. Wir müssen da nicht wieder hin.

Unser nächstes Ziel ist die Hafenstadt Bar in Montenegro. Von den knapp 60 Sm dahin können wir die letzten 20 sogar mal wieder segeln, wenn auch nur hart am Wind. Aber da kann Avalon zeigen, was sie besonders gut kann. Auch wenn das bei Steffi nicht immer auf Gegenliebe stößt ….

Comment Feed

2 Responses

  1. Hallo ihr Beiden. So haben wir Albanien auch empfunden als wir in 2011 von San Giorgio nach Griechenland gesegelt sind. Schon damals war Lambi Papa unser Agent. Es hat sich also nicht viel verändert. Weiterhin Fair Winds Elke & Joe Sy Saphira

    • Hier in Kroatien ist es nun wieder viel angenehmer. Aber wie ihr schon sagtet auch teurer. Ihr habt übrigens einen sehr schönen Blog. Bis bald hoffentlich, Steffi und Karsten



Some HTML is OK