Mai

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Wie geplant bleiben wir noch ein paar Tage in Gran Tarajal und freunden uns mit immer mehr Stegnachbarn dort an. Es entwickelt sich zu einer geselligen Runde Menschen aus vielen Ländern. Neben dem Belgier und der katalanischen Familie von Joël sind da noch ein Holländerpärchen, ein Brasilianer (mit Kätzchen und Freundin) und ein paar Spanier. Es wird geangelt, mit ´nem Dinghi im Hafen gesegelt und viel gelacht. Sobald beschlossen ist, dass der Fang des Tages nun auch abends verspeist werden soll, geht es an die Vorbereitungen.

Ben, der Holländer, baut einen super Grill aus einem gefundenen Kochtopf, Joël besorgt Holzkohle und beschwatzt die Stegwartin wegen der Erlaubnis, die Kinder fangen noch mehr Fische, wir anderen bereiten die Beilagen vor: Petersilienkartoffeln, Brokkolisalat, Aioli, Weißkohlsalat mit Rosinen, Jasminreis, Tomaten-knoblauch-salat und gekauften Lachs. Es ist schon dunkel, bis wir soweit sind. Aber mit Kopfleuchten und diversen Tischlichtern haben wir genügend Licht am Steg, wo wir uns alle im Schneidersitz über die Leckereien hermachen. Da braucht man wirklich kein Sternerestaurant und Spaß macht es obendrein eh um einiges mehr. Plötzlich springt einer der Jungs hoch, da eine der ausgelegten Angeln wie wild abspult. Der zweite springt mit schnell geholten Handschuhen hinterher und mit vereinten Kräften holen sie die Schnur wieder ein. Beim letzten Ende hilft Joël und hievt einen Rochen mit fast 1m Spannweite an die Wasseroberfläche. Den wollen wir natürlich nicht töten und somit beginnt der 5 min Kampf, ihn ohne Verletzungen vom Haken zu befreien. Mit besten Wünschen wird er dann wieder in die Freiheit entlassen. Wir sitzen noch etwas länger am Steg, bevor wir nach etlichen Bierchen die alten Knochen wieder in die Senkrechte bewegen und uns in die Koje begeben, um bei der morgigen Weiterfahrt nicht all zu angeschlagen zu sein.

Mittags geht es los. Wir wollen bei Gegenwind bis zum nächsten Ort Morro Jable kommen. Da wir mit dem Wassermacher frisches Wasser produzieren müssen, macht das auch nichts. Auf halber Strecke bekommen wir ordentlich Wind mit bis zu 30Kn von steuerbord, doch Steffi möchte noch mehr Wasser produzieren :-) . Erst zum Ende, bei achterlichem Wind, holen wir das Vorsegel raus. Wir liegen gerade eine halbe Stunde vor Anker, als Steffi die sich von Westen nähernde „Carpe Diem“ sichtet. Klaus war mit Christian auf Gran Canaria, um sich dort einen neu gekauften Wassermacher montieren zu lassen. Auf Anruf per Funk sagen wir den 2, wo wir sind und Klaus erklärt, sie hätten Probleme mit den Segeln gehabt. Als sie näher kommen sehen wir dann die im Wind flatternden 2 Vorsegel an den Vorstagen. Sie ankern dicht neben uns und wir machen unser Dinghi fertig, um ihnen beim Klarieren des Schadens zu helfen. Nachdem beide Segel wieder ordentlich auf den Stagen aufgerollt sind erzählen sie, dass sie auf direktem Weg nach Lanzarote auf der Westseite Fuerteventuras ordentlich Wind um die 30 Kn bekamen und ihnen nach und nach neben den Vorsegeln auch das Großsegel zu Bruch gingen. Da sie mit schlagenden Segeln nicht weiter gegenan motoren wollten, haben sie sich in die Abdeckung der Insel begeben. Morgen wollen sie dann die Ostküste hoch unter Motor nach Rubicon. Hoffentlich ist bei den Segeln noch was zu retten.

Für Steffi ist dieser Vorfall natürlich kein Mutmacher. Dennoch begeben wir uns früh ins Bett, denn schon um 2 Uhr klingelt der Wecker und es heißt Anker auf, um das günstige Wetterfenster für die Überfahrt nach Gran Canaria und vielleicht auch weiter zu nutzen. Wegen der Dunkelheit und der Unsicherheit, in Lee der Insel eventuell mächtige Fallböen zu bekommen, setzen wir das Groß im 2. Reff und das Vorsegel. Mit 5-6 Kn Fahrt geht es bei wenig Welle bis zum Südwestkap, bis auf einige Böen, recht gemütlich zu. Das ändert sich am Kap, da infolge Strömungen und alter Welle sich auf dem relativ flachen Plateau ordentlich Kreuzseen bilden. Avalon fährt sich ab und zu in diesen Wellen fest und schaukelt uns ordentlich durch, was wiederum Steffi nicht gut bekommt. Sie ist fortan zumeist unter Deck und lässt sich die Situation und das wenige Essen des Vortages durch den Kopf gehen :-( .

Einige Seemeilen nach dem Kap beruhigt sich die See zumeist, bleibt aber kabbelig und mit Halbwindkurs geht es bei bedecktem Himmel Richtung Las Palmas, bzw. Nordkap von Gran Canaria. Südlich von Gran Canaria und Teneriffa wollen wir nicht segeln, da sich dort die heftigen „Acceleration Zones“, Gebiete, in denen sich der Wind infolge der Topographie stark beschleunigt, befinden. Auf halber Strecke geht die Sonne auf und ich reffe das Groß aus. Mit guter Fahrt geht es voran und auch die immer mehr wärmende Sonne tut ihr Übriges zum Wohlergehen eines Seglers. Früher als gedacht sind wir vor Las Palmas und entscheiden uns weiterzusegeln, da wir diesen günstigen Wind nutzen wollen. Wir biegen also nicht ab Richtung Hafen, sondern setzen neuen Kurs Richtung Teneriffa. Bald werde ich aber müde und, da es im Norden Gran Canarias recht ruhig ist, übernimmt Steffi die Wache. Schon nach einer Stunde werde ich auf der harten Cockpitbank wach und erfreue mich am tollen Segeln. Eine große Delfinschule begleitet uns eine ganze Weile lang und hat sichtlich Freude daran, mit der Avalon zu spielen. Es ist immer wieder faszinierend, mit welcher Leichtigkeit und Eleganz diese diesmal sehr kleinen Tiere die Geschwindigkeit des Bootes mithalten und von achtern aufholend, sich direkt unter den Bug setzen, dabei hin und wieder nach oben blicken und dem, teils durch die Wellen stampfenden Schiff, im letzten Augenblick ausweichen. Nicht nur wir können uns daran nicht satt sehen, auch die Tiere werden nicht müde das Spiel wieder und wieder zu vollführen. Die Sonne kommt immer mehr heraus und auch die See zwischen Gran Canaria und Teneriffa wird immer harmonischer, d.h. Wellen kommen regelmäßiger aus einer Richtung und nicht so konfus, wie bisher. Auch der Wind kommt konstant mit 12-16 Kn aus Nordost, sodass wir ideale Segelbedingen für unseren Halbwindkurs haben. Seglerherz, was willst du mehr? Ich lege mich mit ´ner Tüte Pistazien und der Termosflasche Wasser auf´s Achterdeck in die Sonne und genieße diese herrliche Fahrt. Avalon pflügt unter Selbststeuerung durch die blaue See bei 10-15% Neigung und macht 7-8 Kn Fahrt.

Diese ausführliche Schilderung des Segeltages muss einmal sein, damit ihr zu Hause nicht den Eindruck habt, dass wir hier nur faul in den Häfen ´rumlungern. Auch vermittelt es vielleicht etwas davon, wie die Eindrücke auf Fahrt sein können.

Die Fahrt verläuft so optimal, dass ich sogar mit dem Gedanken spiele, noch eine Insel weiter, nämlich La Palma oder La Gomera anzusteuern. Aber man soll es ja auch nicht übertreiben. Zumal zunehmende Winde aus mehr nördlichen Richtungen vorhergesagt sind und Steffi den Tag nicht wirklich fit war verwerfe ich die Idee, noch eine Nacht für die nächsten 100 Sm dranzuhängen. 20 Sm vor Santa Cruz, dem Hauptstadthafen Teneriffa´s legt der Wind dann so zu, dass wir abermals reffen müssen. Nach 110 Sm und 17 Stunden Segeln vom Feinsten laufen wir in den uns vom letzten Jahr bekannten Hafen ein und machen glücklich aber erschöpft fest. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 6,5 Kn sowie Top Speeds von 9,5 Kn über Grund oder 10,2 Kn durch´s Wasser kann man zufrieden sein. Dieses Bier schmeckt danach natürlich am besten…..

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