Jan

25

Wir verlassen die Bucht von Mindelo und fahren unter Motor, da wir wieder Wasser machen müssen, südlich der Insel Santa Antao in Richtung Karibik. Anfänglich haben wir starken Wind in dem Kanal zwischen den Inseln. In der Abdeckung von Santa Antao ist der Wind dann fast weg kommt dann aber mit Macht zurück. Wir hatten alles für eine Passatsegelstellung vorbereitet, müssen aber schnell erkennen, dass wir bei starkem Nordostwind nur unter Fock auf Backbordbug fahren können.

Bis zu 32 kn Wind lassen uns mit über 7,5 kn vorwärts kommen. Der starke Wellengang aus Nordost lässt Avalon immer wieder ausbrechen, so dass wir einige ungemütliche Stunden haben und das Boot mächtig schaukelt. Am Folgetag sind die Bedingungen ähnlich, doch jetzt haben wir Segelstellung, Selbststeueranlage usw. besser angepasst und die Fahrt wird angenehmer. Am dritten Tag nehmen Wind und Welle etwas ab. Auch kommt der Wind nun etwas östlicher. So können wir jetzt das Passatsegel setzen ohne zu weit nach Süden versetzt zu werden. Mit 6-7kn machen wir gute Fahrt und langsam stellt sich eine entspannte, zufriedene Stimmung an Bord ein. Die Malzeiten sind von nun an sicher die Meilensteine der täglichen Routine. Jens gibt dabei den Ton an und erfreut uns immer wieder mit leckeren und netten Einfällen. Die Arbeit in der Pantry ist dabei jederzeit ein artistischer Akt. Das Rollen und Schaukeln im Boot verhindert Bewegungsabläufe, wie man sie aus der heimischen Küche kennt. Auch kann das Essen nicht auf Tellern serviert werden. Jeder bekommt eine bereits unten befüllte Schüssel nach oben ins Cockpit gereicht. Hier wird gegessen, wobei stets eine Hand die Schüssel festhalten muss. Man gewöhnt sich an alles. Fliegende Fische sind allmorgendlich in unterschiedlicher Stückzahl an Deck zu finden. Einer hat es sogar bis ans Bimini geschafft und ist dann ins Cockpit gefallen. Überlebene gibt es dabei nicht.

Bislang brauchen wir an der Passatsegelstellung nichts ändern. Der vorhergesagte schwächere Wind bleibt bislang aus, so dass wir den Parasailor erst einmal im Sack lassen können. Hin und wieder läuft Avalon aus dem Ruder. Der Grund dafür sind Gewächse, die an der Meeresoberfläche treiben. Später muss ich mal googlen was es ist. Ich meine aber, dass es braune Algen sind, die an dem Teil welcher aus dem Wasser ragt, Triebe haben. Manchmal sind es riesige Teppiche davon, durch die wir durchsegeln. Wenn sich diese Pflanzen dann vor das Ruder der Windsteueranlage setzen, wird der Druck darauf so groß, dass das Ruder nach hinten klappt und „Winfried“ nicht mehr seine akkurate Arbeit verrichten kann.

Nach Sechs Tagen ist Bergfest. Abends des 17.1. haben wir die Hälfte der Strecke bis nach Barbados geschafft. Darauf stoßen wir mit etwas von dem wenigen Alkohol an Bord an.

Seit Ewigkeiten war meine Angelrute nicht mehr in Aktion. Nun wird sie mal wieder rausgeholt. Einige Stunden ist die Schnur mit meinem alten Tintenfischköder draußen. Nichts passiert. Dann wechsele ich auf den geschenkten Tintenfischköder von Pepe aus Lanzarote. Pepe hat in Rubicon unsere Gasherdinstallation geprüft und gewartet. Dabei wurde auf spanisch !!! viel gefachsimpelt über Angeln und Zubereitung von Fisch. Als er meine spärlichen Bestände an Ködern und die marode Angel sah, hatte er wohl Mitleid und hat uns einen selbst gebastelten Köder geschenkt. Mit Erfolgsgarantie.

Kaum habe ich den eine halbe Stunde draußen, beißt was an. Ich habe mächtig zu kämpfen, um die Schnur am Ausrauschen zu hindern und den Fang näher ans Boot zu bekommen. Nach viel Anstrengung kommt der sich wehrende Fang immer dichter und wir sehen, dass es ein wunderschöner hellgrün schimmernder Raubfisch ist von stattlicher Größe. Da Pepe einige Vorköder eingebunden hatte, bekomme ich den Fisch mit der Angel nicht so hoch gezogen, dass wir ihn mit der Gaff erreichen können. Irgendwie ist dann bei dem Tohowabohu meine alte Leine gerissen (sie muss über die vielen Jahre in der Sonne mürbe geworden sein) so dass der tolle Fang weg ist und der tolle Köder von Pepe auch.

Eine neuere Schnur wird aufgespult und ein neuer Köder angehängt und der nächste Versuch wird gestartet. Tatsächlich beißt ein kleinerer Fisch, vermutlich eine Goldstreifenmakrele. Da sie aber so klein ist findet sie keine Verwendung auf unserem Speiseplan. Ich schlage vor den Fisch doch als neuen Köder zu nehmen, worauf Uwe sagt, dass dann wohl die ganz großen Kaliber an der Angel hängen könnten. Kaum gesagt schwimmt ein Orca (vielleicht auch nur ein Pilotwal) knapp hinter unserem Heck vorbei. Wir verwerfen also die Idee mit dem großen Köder.

In einer mondlosen Nacht sehen wir hinter uns keine Sterne mehr, nur noch dunkel. Wir schalten das Radar an und tatsächlich kommt der erste Squall hinter uns her. Diese meist sehr kleinen Tiefdruckzellen ziehen in Ost-West-Richtung und bringen örtlich sehr begrenzt Regenfälle und Windböen mit Veränderung der Windrichtung. Auf dem Radar können wir gut sehen, dass dieser Squall einige Meilen nördlich von uns vorbeiziehen wird.

Die nächsten Tage flaut der Wind etwas ab. Also kommt der Parasailor endlich zum Einsatz. Es ist schon eine langwierige und anstrengende Arbeit, die Spibäume des Passatsegels weg zu räumen und dann den Parasailor zu setzen. Aber von Mal zu Mal werden wir besser und schneller. Das 166qm große Tuch dankt es uns mit gutem Vortrieb und dem Ende der nervenden Rollbewegung unter Passatsegel. Ruhig und mit stabiler Lage rauschen wir unserem Ziel entgegen.

Unsere Angelerfolge halten sich in Grenzen. Eine etwa 30cm große Goldstreifenmakrele hängt allerdings mal am Haken und wird erfolgreich an Bord gehievt. Ich filetiere sie und abends gibt es zur Abwechslung mal fangfrischen Fisch in der Pfanne. Er schmeckt wirklich lecker.

Mit den Wetterverhältnissen haben wir es gut erwischt, so wie man es von einer Transatlantikpassage zu dieser Jahreszeit erwarten kann. Kleinere Squalls gibt es nur selten und die Windrichtung variiert zwischen Nordost bis Ost in Stärken zwischen 12 und 28kn, meistens aber 14-17kn. Auch die Wellenhöhe ist moderat mit 2-3m. Hin und wieder sind aber auch eine Reihe von größeren dabei. Die Ungleichmäßigkeit des Seegangs ist das, was uns durchschüttelt und ärgert. 3 Tage vor dem Ziel müssen wir nochmal etwas Höhe nach Norden machen, da wir inzwischen fast auf die nördliche Breite von Barbados hinuntergesegelt sind. Die letzten 400 Sm geht es nunmehr von 15° nördlicher Breite mit Kurs 270° auf direktem Weg unter Passatbesegelung platt vor dem Wind Richtung Bridgetown. Mit einem Etmal von 177Sm brechen wir unseren eigenen Rekord am vorletzten Tag. Etwa 30 Sm vor Ende der Tour können wir die Insel erstmals am Horizont erkennen. Stolz und Freude bringt uns in Feierlaune. Leider schaffen wir es nicht mehr ganz bei Tageslicht bis nach Bridgetown. Dafür werden wir mit einem herrlichen Sonnenuntergang belohnt. Auf Nachfrage beim Port Control bekommen wir keine Antwort und verwerfen unsere Idee, noch am selben Tage einzuklarieren. Also geht es direkt in die Carlisle Bay, die unsere Ankerbucht hier wird. Auf 10m fällt der Anker und plötzlich ist nur noch Stille und Ruhe um uns herum. Es bleibt heute nicht bei einem Ankunftsbier. Gegen Mitternacht aber herrscht Ruhe an Bord und die glückliche Mannschaft fällt in den verdienten tiefen Schlaf.

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2 Responses

  1. Super ihr 3. Herzlichen Glückwunsch zur erfolgreichen Atlantiküberquerung.



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