Mai

18

Auch bei Hochwasser (Tidenhub ca. 50cm) ist das Auslaufen aus der Marina durch den engen und flachen Kanal wieder ein kleines Abenteuer. Auf der Caicos Bank hat sich aufgrund mehrerer Tage Wind eine kleine See mit Wellen aufgebaut und steht direkt auf der Ausfahrt. Mit der Furcht wegen des Seegangs im Wellental aufzusetzen, schleichen wir mit wenig Fahrt über die Barre vor der Marina.

Als dies geschafft ist, liegen 17 Sm Fahrt unter Vorsegel über die Bank bis zum Verlassen der Caicos durch den Sandbore Channel ganz im Westen vor uns.Inzwischen etwas gewöhnt an das Erkennen von Korallenköpfen im türkisfarbenen Wasser werden wir dennoch durch den Schatten der Wolken manchmal irritiert und das macht die Fahrt ein wenig aufregend.

Kaum draußen im tiefen Wasser, kommt dann auch das Groß wieder zum Einsatz. Wir nehmen zunächst Kurs auf Mayaguana, dann auf West Plana Cay (Bahamas) und schließlich auf die Crooked Islands. Am Morgen nach der Nachtfahrt kommt dann auch der Parasailor einige Stunden zum Einsatz. Wir passieren Crooked Island nördlich der vielen vorgelagerten Riffe und erreichen pünktlich zum Sonnenuntergang den Ankerplatz bei Pittstown, etwas südlich des Nordwest-Caps. Da wir bis hier in Ermangelung von Zollstationen noch nicht Einklarieren konnten, fahren wir am nächsten Tag nach Long Island in die Bucht von Clarence Town. Nach den 40 Sm Strecke ist bei der Einfahrt, wie wohl überall nun auf den Bahamas, Aufmerksamkeit angesagt und Anweisungen im Törnführer folgend, den Riffen und Korallenköpfen auszuweichen. Nachdem der Anker liegt, gehe ich wie fast immer ins Wasser, um den guten Halt zu kontrollieren. Schnorchelnd schwimme ich in dessen Richtung, sehe aber schon sehr bald einen Hai schräg unter mir seine Kreise ziehen. Uups!!! Haie auf den Bahamas, im Grunde nichts ungewöhnliches, aber für mich gerade etwas unvorbereitet. Keine Ahnung, was das für einer ist. Er stellt sich auch nicht vor, ist aber wunderschön anzusehen. (Später im Fischbuch meine ich einen Tigerhai erkennen zu können) Nach kurzer Bedenkzeit entscheide ich mich dazu, weiter zum Anker zu schwimmen, da das ja mein Auftrag ist. Dadurch wird mein Rückweg zum Boot weiter und der Hai könnte den natürlich nun abschneiden. Als ich die Position des Ankers zur Kenntnis genommen habe, gilt mein nächster Blick wieder dem Hai. Der hat sich inzwischen im Kreis um mich herum Richtung Wasseroberfläche bewegt. Am Grund sehe ich einen weiteren größeren Hai, vermutlich ein Bullenhai. Nun wird mir das Ganze doch etwas ungemütlich. Ich beginne zurück zu schwimmen und bemerke, dass mich der Tigerhai verfolgt. Ich drehe mich aufrecht im Wasser um, damit er meine „volle Größe“ sieht. Das scheint ihn etwas von seiner Neugier (oder was auch immer) abzubringen und er dreht ab. Nun aber nichts wie raus hier ist mein Gedanke. Noch nie zuvor habe ich so schnell meine Flossen abgestriffen und die ersten Sprossen der Badeleiter erklommen. Auf der einen Seite fand ich das Ganze ja hoch interessant und spannend, anderseits muss ich gestehen, dass mangels Wissen über diese Tiere und die spezielle Situation hier vor Ort, ich doch ein wenig Schiss bekommen habe.

Auf Nachfrage bei der hiesigen Marina wird uns mitgeteilt, dass heute keine Einklarierung möglich ist, wir uns morgen aber wieder melden sollen.

Dies tun wir dann auch schon um 8 Uhr. Die Autofahrt zum Zoll nach Stella Maris würde 1 ¾ Std dauern und sicher einiges kosten. Daher sind wir positiv überrascht als die Marina erwähnt, dass sich bislang kein Beamter zum Herkommen angemeldet hat. Sie würden uns unterrichten. Als um 10 Uhr dann unvorbereitet der Funkspruch auf Kanal 16 kommt, dass der Zoll am Kai ist, muss alles sehr schnell gehen. Papiere zusammensuchen, Dinghi zu Wasser lassen, Außenborder und alles Zubehör montieren und dann Hebel auf den Tisch und durch das kabbelige Wasser hin zum Governours Dock, dem Anleger, wo der Beamte auf seine Kunden wartet. Andere Segler legen mit ihren Dinghi gerade wieder ab, als wir ankommen. Der Officer sitzt in seinem kleinen japanischen Auto, sein Büro, und nimmt unsere Daten entgegen. Nach der kurzen und sehr freundlichen Prozedur mit dem Erhalt unserer Cruising Permits und den Stempeln in den Pässen sind wir entlassen. Nun wollen wir noch eine SIM-Karte für den Intenetempfang auf den Bahamas kaufen. Der Zollbeamte schickt uns zur Dame in der Tankstelle. Diese, sehr freundlich, schickt uns zur Fischerkooperative weil sie selber nicht die Telefonnummer von Melly, der Taxifahrerin hat. Die auch sehr nette Dame in der Kooperative ruft Melly für uns an und bietet sich an, auf unser Dinghi während der Abwesenheit aufzupassen. Melly fährt uns mit ihrem klapprigen Toyota bis etwas zur Mitte der 70 Meilen langen Insel, wo der Shop von BTC, dem hiesigen Telekomunternehmen ist. Auf dem Rückweg machen wir kurz Station beim Blue Hole. Dies ist ein sehr tiefes Loch am Strand, nahe Mellys Wohnort. Diese einige hundert Meter tiefe Höhle ist berühmt bei Free Divern, Apnoe-Tauchern und anderen Tauchbegeisterten. In den folgenden Wochen sollen dort wieder einige Rekordversuche unternommen werden, wenn Taucher in das nur etwa 20m Durchmesser große Loch hinabtauchen.

Bevor wir zurück zu Avalon fahren machen wir kurz Station in der Marina. Schon als wir am Steg an Land gehen sehen wir unter uns und am Ufer jede Menge große Fische, einen riesigen Barrakuda und jede Menge große und größere Haie. Wir kommen mit einem amerikanischen Paar ins Gespräch, die uns erklären, dass das hier völlig normal ist, da die

Sportfischer die Haie regelmäßig anfüttern und teils zum Spaß ködern. Als ich sagte, ich hätte gestern Bekanntschaft mit so einem fülligen Genossen da unten gehabt, erklären sie, dass das ein Bullenhai, einer der agressivsten überhaupt sei. Hhmmm, gut zu wissen.

Auch schon Melly sagte, dass es keine gute Idee ist, in dieser Bucht schwimmen zu gehen, da wegen der Fischer die Haie ständig da sind und dies gefährlich sei. Damit ist die Badesaison für uns hier gerade beendet.

Wir bleiben noch einen weiteren Tag, da das Wetter so ungemütlich ist und uns an der Weiterfahrt hindert. Ständig, insbesondere nachts, kommen immer wieder Gewitter und Regen mit teils heftigen Böen.

Bevor wir am späten Nachmittag zu unserem Nachttörn zu den Exumas aufbrechen, machen wir noch einen kleinen Ausflug mit dem Dinghi zur vorgelagerten Insel und dessen schönen Sandstrand. Die Strände auf den Bahamas werden oft mit butterweich beschrieben. Wenn man den Fuß aus dem Dinghi an Land setzt, weiß man, was gemeint ist. Butterweich sinkt man knöcheltief in extra feinen weißen Sand ohne große Kiesel oder Muscheln, speziell eben.

Nachdem wir die Bucht von Clarencetown verlassen haben, können wir gerefftes Groß und Fock setzen, um bei Halbwind die Ostküste von Long Island hoch zu segeln. Kurz vor dem Kap schläft der Wind nachts aber ein und wir fahren unter Motor die letzten 30 Sm bis nach Georgetown auf Grand Exuma. Die ganze Nacht über haben wir im Osten ein permanentes Blitzen und ständig das ungute Gefühl, ob uns ein großes Gewitter einholen wird. Bei Tagesanbruch hört das (sichtbare) Blitzen auf und nicht mal Gewitterwolken sind noch zu sehen. Seltsam.

Nun müssen wir nur noch die Einfahrt in die große Bucht von Georgetown meistern. Zunächst ist dabei auf der 5 Sm langen Wegstrecke größeren Riffen auszuweichen, die natürlich wieder nicht als Gefahrenstelle gekennzeichnet sind. Man orientiert sich an Landmarken und den empfohlenen Kursen im Törnführer. Wenn das geschafft ist, warten einige Sandbänke, die ebenfalls umkurvt werden müssen. Entgegen den Angaben in der Seekarte haben wir manchmal anstatt 2,7m nur 2m Wasserhöhe und damit fast nichts mehr unter dem Kiel. Die Adrenalinschübe sind ähnlich wie bei der Fahrt über die Caicosbank. Endlich erreicht man dann ein großes Feld von Ankerliegern, die sowohl in der tiefen Rinne der Zufahrt, wie auch in den Holes (Buchten in der vorgelagerten Insel) ankern. Wir legen uns zu denen in der Rinne, direkt vor einen langen Strand mit dem Namen Volleyballbeach. Kurz nachdem der Anker sicher liegt, liegen auch wir in der Koje, da wir nachts nicht genug Schlaf bekamen. Das Frühstück am Mittag fällt dann sehr üppig aus. Einige Spiegeleier auf Brot und vieles mehr. Das Dinghi wird anschließend ins Wasser gelassen und wir brettern Richtung Insel mit den Holes, die wir mal inspizieren. Die Zufahrten könnte Avalon nur bei Hochwasser meistern. Einmal drin, ist es dann wirklich geschützt. Dann geht es zum Volleyballbeach. Das Lokal dort heißt Chill ´n Chat. Zuerst denke ich, dass uns das nicht so gefallen wird. Aber schon bald kommt man wirklich in eine super chillige Geschwindigkeit und genießt den Tag. Ein super Strand mit angstlosen Rochen, die zu einem schwimmen, in der Erwartung gefüttert zu werden, nette Bedienstete, starke Cocktails, teils angenehme Musik, super Wetter und immer wieder eine Abkühlung im seichten Wasser, in das man sich einfach setzt oder fallen lässt. So kann man nicht nur einen Tag verbringen. Wir kommen am nächsten Morgen noch einmal her. Diesmal mit Gopro, Drohne und voller Ausrüstung.

Mittags geht es dann Anker auf, um ein paar Sm Richtung Stadt zu verholen. Auf etwas mehr als 2m fällt dann der Anker in weißen Sand um uns herum, sodass alles um uns in Türkis erstrahlt. Mit dem Dinghi geht es unter einer Brücke durch in einen inneren kleinen See, der mit Stegen für Wassertaxis und Beiboote der Anlaufpunkt ist für alle, die Besorgungen machen wollen. Wir erkunden das kleine Dorf, was immerhin die ersten Bekleidungsgeschäfte seit langem bietet. Im Yachtclub essen wir lecker Sushi. Abschließen wird im gut sortierten Einkaufsladen der Bestand an Lebensmitteln etwas aufgefrischt. Obwohl wir nicht viel kaufen mussten ist die Rechnung am Ende doch gesalzen. 340 Dollar für das, was zu Hause maximal ein Wocheneinkauf wäre. Geärgert wird sich schon lange nicht mehr, denn das sind die Verhältnisse hier und die haben wir uns ja selber ausgesucht.

Am nächsten Morgen geht es schon vor 7 Uhr los, denn wir wollen bei Hochwasser und deshalb mit mehr Wasser unter dem Kiel die flachen Stellen während der Ausfahrt hinter uns lassen. Wir fahren ganz sorgfältig dem geplotteten Kurs unserer Ankunft nach. Auf unserer elektronischen Seekarte wird der von uns zurück gelegte Kurs als Strich festgehalten. Man kann sich also später daran orientieren, was uns gerade heute sehr hilft.

Als wir wieder im tiefen Wasser des Exuma Sounds angekommen sind fehlt der Wind zum Segeln. Also Motor an, um nebenbei Trinkwasser zu machen und eine Waschmaschine voll Wäsche zu waschen. Als dann der Wind kommt hat unsere Windanzeige wieder Fehler. Diesmal ist es die Windrichtung und nicht die Windstärke, die falsch angegeben wird. Aber auch ohne die Anzeige kommen wir sicher zum Tagesziel, Normans Pond Cay.

Der Cut (Durchfahrt zwischen kleinen Inseln) hier ist relativ breit und mit guter Wassertiefe trotz Niedrigwasser. Hinter der vorgelagerten Insel Leaf Cay legen wir uns vor Anker, denn bei der Vorbeifahrt haben wir gesehen, dass am Strand viele Leguane waren. Nachdem ein Ausflugsboot abfährt, nehmen wir unser Dinghi und wollen uns die seltsamen Tiere von nahem ansehen. Bewaffnet mit Kamera, Fotoapparat und Salatblättern gehen wir an Land. Schon bald kommen von allen Seiten diese urtümlichen Kreaturen auf uns zugerannt. Die größeren Exemplare erreichen gut und gerne 1m Körperlänge. Steffi traut sich aber schon bald die Salatblätter einzeln direkt aus der Hand zu füttern. Die Tiere sind nicht aggressiv und wohl sehr an Menschen gewöhnt. Später als ein weiteres Ausflugsboot anlegt sind wir baff, als einer der Besatzung sich Leguane auf den Arm nimmt, um sie zu füttern.

Ein schönes Erlebnis diese Tiere gesehen zu haben in ihrer natürlichen Umgebung.

Wir bleiben in unserer Ankerbucht diese Nacht allein und genießen die herrliche Ruhe und Abgeschiedenheit.

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