So schön es auch ist, in den USA angekommen zu sein und eine große Etappe unserer Reise abgeschlossen zu haben, nun müssen wir aber auch ganz neu planen und die Weiterreise mit Wetter und unseren Erwartungen abstimmen. Was uns jetzt schon zusetzt ist die Hitze und sind die Mücken und Bugs (No-See-Ums). Dazu kommen tägliche Gewitter. Wir erfahren dass Florida die Region mit den meisten Blitzen weltweit sein soll.
Von unserem ursprünglichen Plan ein Wohnmobil zu kaufen nehmen wir aufgrund der horrenden Preise schnell Abstand. Auch Autos zu mieten ist eine kostspielige Angelegenheit. Daher werden wir versuchen ein Auto zu kaufen, das groß genug ist, unser Gepäck und eine kleinere Campingausstattung zu fassen und in dem wir notfalls auch mal schlafen können, falls kein Motel etc auffindbar oder die Natur gerade so einladend ist. Die nächste Frage ist dann, wo wir Avalon lassen und wo das Auto gesucht wird. Für unsere Bootsversicherung müssten wir nördlich des 37 sten Breitengrades für Avalon einen Liegeplatz suchen, da erst dort die Hurrikanzone verlassen wird. Das wäre in der Chesepeake Bay nördlich Norfolk. Wenn wir aber im Dezember dann von dort oben wieder nach Süden müssen, haben wir neben dem Golfstrom, der in Gegenrichtung fliest, auch häufig schlechte Wetterbedingungen. Zudem hatte ich Steffi bei der anfänglichen Planung zugesagt, dass wir auch mal Urlaub ohne Bootsfahrerei machen wollen. Also wird beschlossen, dass wir in einem der nächsten Häfen, sofern die dafür eingerichtet sind, Avalon an Land stellen und dann mit dem zu kaufenden Auto weiter reisen wollen.
Unsere Abfahrt aus Fort Pierce verschiebt sich von Tag zu Tag, da das passende Wetter für die Fahrt nach Norden nicht kommen will und die beim Händler bestellte digitale Seekarte vom Fahrgebiet USA/Kanada sich immer wieder verspätet. Unsere Marina ist sehr schön und wir genießen die Zeit dort, auch wenn sie sehr teuer ist. Aber an die Preise werden wir uns in den USA wohl gewöhnen müssen. Anfänglich bewegen wir uns viel mit Uber zu unseren Einkaufszielen. Dies ist sehr praktisch und recht günstig. Man bestellt per App auf dem Handy ein Fahrzeug und erfährt sofort was die Fahrt kostet, wer und wann der kommt, meistens sehr kurzfristig. Die notwendigen Anschaffungen für´s erste sind Internetzugang und Seekarte. Für zwei Tage mieten wir ein Auto. Damit machen wir unsere Lebensmitteleinkäufe und fahren nach Norden, um den nächsten Hafen in Cape Canaveral zu erkunden. Wir werden beim dortigen privaten Yachtclub fündig. Ein junges Paar in der Funktion der Dockmaster begrüßt uns und zeigt uns den passenden Liegeplatz. Den Landstellplatz kann der Yachtclub nicht anbieten, wohl aber die Marina nebenan. Wir machen Fotos für die Versicherung, damit wir das Okay bekommen Avalon dort an Land stellen zu dürfen.
Mit diesen positiven Eindrücken fahren wir zurück nach Fort Pierce. In der Marina können wir uns am Pool erfrischen. Jeder, der erfährt, dass wir ohne Klimaanlage leben, bedauert uns. Abends gibt es immer Livemusik und gutes Essen. Wie man es immer wieder liest, es ist total einfach und angenehm wie schnell und herzlich man mit den Amerikanern ins Gespräch und in Kontakt kommt. Das macht Freude auf mehr.
Als die Seekarte endlich eintrifft und das Wetter passt brechen wir auf, um die 60 Seemeilen bis nach Cape Canaveral zu meistern. Mit ablaufendem Wasser geht es aus dem Inlet. Es ist teilweise schon erstaunlich welch hohe Wellen nur von der Tidenströmung erzeugt werden. Sobald wir vor der Küste sind wird es ruhiger und wir motoren Richtung Nordwest. Ich hoffe etwas vom Golfstrom nutzen zu können wenn wir nicht direkt die Küste hoch fahren. Leider reicht der Wind nur die letzten 15 Sm zum Segeln und bis in den Golfstrom sind wir nicht rausgefahren, daher haben wir auch nur 1,5kn Strömung, die uns anschieben. Das Fahrwasser vom Inlet bei Cape Canaveral wird ständig ausgebaggert weil es versandet. Daher müssen wir 2 riesigen Baggerschiffen und den wartenden Flößen ausweichen. Port Canaveral ist Start- und Zielhafen von vielen Kreuzfahrtschiffen, die von hier aus in die Karibik fahren. Auch werden die Boosterstufen der SpaceX Raketen von Elon Musk hier mit Flößen wieder angeliefert. Im Gegensatz zu allen anderen Raketen werden die ersten Stufen der SpaceX Raketen nicht im Meer versenkt, sondern sie landen selbständig wieder an Land oder auf schwimmenden Flößen auf dem Meer. Daher muss die Fahrrinne immer tief genug sein.
Beim Anlegen im Yachtclub bekommen wir Hilfestellung von Land und werden herzlich empfangen. Wir fühlen uns von Anfang an sehr heimisch und jeder hier ist während unseres Aufenthaltes ausgesprochen freundlich zu uns. Berühmte und erfolgreiche Personen sind hier Mitglied und verhalten sich wie jeder andere, vollkommen ungezwungen alles.
Es liegen anstrengende Tage und Wochen vor uns. Nicht nur weil die Hitze schlaucht, das tägliche Gewitter uns an den festen Stegen zwingt, die Leinen entsprechend dichter zu nehmen oder zu fieren. Auch die Bugs sind mehr als nervig. Wir haben permanent Gitter vor Luken und dem Eingang, dennoch schaffen es einige zu uns ins Schiff. Nur gut dass Steffi meine Opferanode ist, dadurch werde ich meistens verschont. Steffi hingegen wird regelmäßig aufgefressen von den Viechern. Bei ihr, anders als bei mir, jucken die Stellen extremst und sind auch wesentlich dicker.
Avalon an Land zu stellen wird doch nicht so einfach. So wie das hier gehandhabt wird akzeptiert unsere Versicherung nicht. Daher versuchen wir parallel eine amerikanische Versicherung für die Monate an Land zu finden. Nach einigem hin und her ist die Marina dann doch bereit extra für uns ein Loch auf ihrem Gelände zu buddeln, in das der Kiel und das Ruder von Avalon gestellt werden kann. Dadurch kann der Rumpf des Schiffes auf der Erde abgestützt und zusätzlich mit einigen Spanngurten auf dem Boden festgelascht werden. So erfüllen wir die Vorgaben der Versicherung und mit 50% igem Aufschlag können wir so versichert im Hurrikangebiet bleiben. Die Alternative mit der amerikanischen Versicherung wäre noch teurer geworden.
Die Suche nach einem Auto hatten wir schon in Fort Pierce begonnen. Aber auch hier und in Orlando besuchen wir etliche Autohändler und private Anbieter. Dazu mieten wir für 1 Woche einen sparsamen Toyota Prius. Unser Wunschauto soll ein Minivan werden. Alternativen wären große Kombis oder SUVs, die aber fast immer zu wenig Platz bieten. Die Minivans von Dodge und Chrysler haben eine fiffige Technik, mit der beide hinteren Sitzbänke mit wenigen Handgriffen im Boden versenkt werden können. Das wäre für unsere Zwecke das sinnvollste. Die günstigen Exemplare erweisen sich dann aber immer als zu „verlebt“ oder sind technisch nicht in dem Zustand, um mit ihnen eine größere Tour zu starten. 2 Mal haben wir einen Minivan bei der Werkstatt nebenan zum Check, immer negativ. Letztlich entscheiden wir uns für einen Chrysler Town & Country 2011 mit 98000 Meilen auf dem Buckel, aber in sehr gutem Zustand, gekauft vom Händler. Er ist weit teurer als wir uns vorher vorgenommen haben, aber wir hoffen später auch mehr für ihn im Verkauf zu bekommen. Die Haftpflichtversicherung für das Auto reist das nächste Loch in unsere Bordkasse. Wie gesagt, an die Bedingungen hier muss man sich erst noch gewöhnen. Wir sind auf dem besten Weg.
Bei der Suche nach einem Auto waren wir in Orlando. Dort ging es natürlich auch in eine große Shopping Mal, was für Steffi nach Monaten wieder ein freudiges Ereignis ist. Übernachtet haben wir in einem 4 Sterne Hotel. Das günstige Sonderangebot war dann auch ein Flop, da wir es mit großen Kakerlaken zu tun bekamen und auch sonst das Hotel bei uns keine 3 Sterne bekäme. Vieles hier ist anders als gewohnt, manches nicht so positiv aber einiges doch. Im Yachtclub werden wir zu den Events am Wochenende eingeladen und regelmäßig von verschiedensten Leuten in nette Gespräche eingebunden, wirklich gastfreundlich. Wir können Josh, den Dockmaster, dafür gewinnen, hin und wieder nach Avalon zu sehen, wenn sie an Land steht.
Aufregend sind hier auch die häufig statt findenden Starts der Raketen. Von der Terrasse des Clubhauses hat man einen prächtigen Blick auf die startenden Raketen. Vom nicht weit entfernten Weltraumbahnhof heben tags und nachts NASA Raketen, SpaceX und auch andere Raketen ab. Manchmal sogar zwei Mal die Woche. Man sieht sie einen Schweif hinter sich herziehend im Bogen gen Himmel steigen. Das laute Grummeln und Donnern der Triebwerke hört man sehr zeitversetzt. Man kann dann sehen, wie sich die erste Stufe löst und wie im Falle SpaceX dann wieder auf die Erde zubewegt um dort zu landen.
Wir sind in den über 3 Wochen noch nicht dazu gekommen eine der vielen Sehenswürdigkeiten in Florida zu besichtigen. Übermorgen kommt Avalon aus dem Wasser. Wir sind beschäftigt alles vorzubereiten und unsere Ausstattung für die Autoreise zu besorgen. Ab Freitag ist ein Hotel Zufluchtsort in der Nacht. Endlich etwas Kühle, wir können bei der Hitze immer weniger gut schlafen. Nächste Woche geht es dann Richtung Norden mit unserem neuen Zuhause….