Jul

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Von Raleigh geht es über Durham und Greensboro nach Winston-Salem. Hier gibt es eine Altstadt, die als Siedlung böhmischer und deutschstämmiger Einwanderer fast im Originalzustand erhalten bzw gut renoviert wurde. Geht man durch die Straßen, ist man aufgrund der Art der Gebäude an heimische Dörfer erinnert. Auch die Namen der ehemaligen Einwohner kommen einem sehr bekannt vor.

Auf unserem Weg in die Appalachen, dem Gebirgszug welcher sich von Georgia bis hoch nach Maine in Nord-Süd-Richtung erstreckt, ist Asheville unser nächster Stopp. Eine der reichsten amerikanischen Familien, die Vanderbilts, haben hier ihren Wohnsitz auf einem riesigen Anwesen, einem Schloß ähnlich, gebaut (Biltmore Castle). Der Zugang wird schon sehr früh an einem stattlichen Tor verwehrt bzw gegen horrendes Eintrittsgeld freigegeben. Da wir spät dran sind und auch nicht soviel Zeit für eine ausgiebige Führung mitbringen, fahren wir weiter zum Hotel. In dieser malerischen Landschaft am Rande der bewaldeten Berge ist die Lage des Schlosses sicherlich imponierend.

Am nächsten Morgen geht es auf dem Blue Ridge Parkway in Richtung Cherokee. Schon nach den ersten 10 Meilen auf der Panoramastraße steht auf einmal ein Schwarzbär im Weg. Dieser ist genauso überrascht wie wir und trollt sich bei unserer Annäherung in den nahen Wald. Uns ist auf die Schnelle kein Foto gelungen. Wir trösten uns aber mit der Gewissheit, dass das sicher nicht der einzige Bär sein wird in den nächsten Tagen.

Cherokee ist die Stadt der gleichnamigen Indianer, die hier ihr Reservat haben. Mit nostalgischen Erwartungen kommen wir in einem Ort an, der sehr touristisch geprägt ist und sich auch sonst nicht stark von anderen amerikanischen Touristenorten unterscheidet. Cherokeeindianer sieht man nur vereinzelt und auch bei der abendlichen Theateraufführung ist der Großteil der professionellen Schauspieler nicht indianisch. In den 2 Stunden wird auf einer Freilichtbühne die Geschichte der Cherokee vom Jahr 1500 an über die Begegnung mit den ersten spanischen Eroberern, die Kolonialisierung durch die Briten, bis hin zur Vertreibung nach Oklahoma durch die Amerikaner um 1850 nachgespielt. Es ist eine bedrückende Geschichte und sollte jedem amerikanischen Zuschauer die Schahmesröte ins Gesicht treiben. Beachtlich ist, dass trotz des Betruges an ihrem Volk, die Cherokee dennoch loyal zur US Regierung standen und stehen und immer an deren Seite in Kriegen ihren Einsatz geben.

Am nächsten Morgen müssen wir zunächst eine Werkstatt anfahren, da mehrere Warnleuchten im Auto Schlimmes erahnen lassen. Das Bremssymbol, ABS und die Leuchte für Spurkontrolle leuchten hin und wieder auf. Der Techniker meint nach Auslesen der Computeranalyse aber, dass unsere Bremsen in Ordnung sind, ein elektronisches Modul wohl defekt wäre. Wir sollten zu einer Chryslerwerkstatt fahren. Er habe eh keine Möglichkeit uns vor nächster Woche zu helfen.

Entlang des Oconaluftee River, wo die Cherokee ihr Reservat haben, geht die Fahrt weiter (Begegnung mit Wapitihirschen, Elk genannt) in den Great Smokey Mountains National Park. Man fährt durch dichte Wälder, hin und wieder kann man den grandiosen Blick genießen über die bewaldete Berglandschaft. Insbesondere am Clingmans Dome hat man von der Aussichtsplattform eine herrliche Aussicht. Dies war ein mystischer Ort der Indianer, den sie immer noch verehren, außerdem der höchste Punkt des Staates Tennessee, in dem wir uns jetzt befinden. Die Fahrt geht weiter über Gatlinburg, einem extrem touristischem Skiressort, nach Knoxville. Diese Stadt war früher das Tor zum Westen. Von hier aus starteten die Trecks mit Siedlern, um im wilden Westen Amerikas ihr Land und Glück zu finden. Inzwischen erwarten wir von amerikanischen Städten keine Aha-Erlebnisse mehr, da sie sich doch sehr ähneln. Knoxville hat einige nette Ecken, wo so was wie städtisches Leben stattfindet.

Über die Interstate 40 geht es relativ flott wieder zurück nach Asheville, um dann wieder auf dem Blue Ridge Parkway nach Norden zu kommen. Und wieder geht es durch dichte Wälder auf der gut befahrbaren kurvigen Straße. Immer wieder kann man die herrlichen Aussichten über die Appalachen und ihre Täler genießen. Den Weg hoch zum Mount Mitchell, mit 2037m der höchste Punkt der USA östlich vom Mississippi, sparen wir uns. Unser Zelt schlagen wir in der Nähe der Linville Falls auf. Uns fällt auf, dass hier sehr häufig Rhododendren zu sehen sind. Meine Mutter würde sich freuen. Die Premiere in Sachen Zelt aufbauen und Campingausrüstung organisieren klappt erstaunlich gut und genau rechtzeitig, denn ein mittelschwerer Wolkenbruch zwingt uns schon bald ins Auto. Zu unserem Schrecken ist das neue Zelt nur bedingt wasserdicht und wir müssen eine zusätzliche Plane darüberlegen. Das mitgebrachte BBQ Hühnchen mit Kartoffelsalat wird im Auto verspeist. Die erste Nacht im Zelt ist trotz anhaltendem Regen sehr angenehm und wir schlafen gut. Die Bären haben bei dem Wetter wohl auch keine Lust auf Spaziergänge und somit lassen sie uns in Ruhe. Da das Zelt nun nass abgebaut werden muss, ist für die folgende Nacht wieder Camping angesagt. Wir fahren auf dem Blue Ridge Parkway bis kurz vor Buchanan. Inzwischen befinden wir uns in Virginia, dem 6 ten Bundesstaat unserer Reise durch die USA. Dort fahren wir in wilden Serpentinen hinunter, um etwas zu essen. Auch wollen wir hier einen Campingplatz finden. In einem State Park am Laufe eines kleinen Baches finden wir einen Campground, wo wir das nasse Zelt wieder aufbauen. Tisch und Bänke, sowie eine Feuerstelle sind an jedem Stellplatz vorhanden. Sanitäre Anlagen beschränken sich auf Häuschen mit Plumpsklo und eine Wasserleitung im Freien.

In der Nacht zuvor gab es hier einen Sturm, bei dem große Wassermassen herunter kamen. Auch das von uns gesammelte Brennholz muss wohl sehr nass geworden sein, denn wir haben große Probleme es zum Brennen zu überreden. Total verqualmt gehen wir schließlich in die Schlafsäcke.

Mit dem nun wieder trockenen Zelt geht es am Morgen nach dem Frühstück wieder auf die Straße. Natural Bridge ist eine Sehenswürdigkeit in der Nähe, die wir uns ansehen wollen. Ein Bach hat über Jahrtausende einen riesigen Felsen durchflossen und dabei eine Art Brücke geschaffen. Diese Gegend hier liegt an dem Weg, den die Siedler auf ihrem Treck aus dem inzwischen dicht besiedelten Norden der neuen Kolonien in den Süden entlang der Appalachen nahmen. Winston-Salem und dann Knoxville waren die weiteren Stationen.

Wir verlassen von hier aus erst einmal die Appalachen. Auf dem Weg nach Richmond durchqueren wir anfänglich sehr hügelige Waldgebiete und später Farmland mit kleineren Ortschaften. Auf eine Dusche und ein weiches Bett freuen wir uns natürlich auch schon.

Von Richmond aus fahren wir am nächsten Tag zuerst über die Küstenstraße entlang dem James River nach Jamestown, der ältesten englischen Siedlung an der Ostküste. Schon 1607, also mehr als 10 Jahre bevor die berühmte „Mayflower“ Massachusetts höher im Norden ansteuerte, gingen hier 106 Siedler an Land. Etwas mehr als 30 von ihnen überlebten das erste Jahr auch durch die Hilfe der Ureinwohner. Deswegen wird alljährlich „Thanksgiving“ gefeiert. Im Laufe der Jahre wurde dann immer mehr der Halbinsel urbar gemacht und besiedelt. Tabak wurde angepflanzt und verhalf der Kolonie zu Einnahmen, die das Überleben möglich machten. Williamsburg, unser nächstes Ziel, wurde Hauptstadt und ist heute als großes Freilichtmuseum erhalten und renoviert. Hier kann man erahnen wie das Leben um 1750 gewesen sein mag. Die gesamte Region an der Küste Virginia´s ist eine Ansammlung historischer Orte aus der Zeit der Kolonialisierung über die Jahre der Unabhängigkeitskriege und die 5 Bürgerkriegsjahre als Richmond Hauptstadt der Konförderierten war. Da die USA über keine so lange Historie verfügt, haben diese Orte hier natürlich außerordentliche Bedeutung für die Nation.

Wir fahren weiter nach Yorktown, am River York und somit am anderen Ufer der Halbinsel gelegen. Die Ausstellung um die alten Bürgerkriegsschlachtfelder ist aber schon geschlossen. Somit fahren wir weiter nach Südosten um vielleicht einen Blick auf den größten Marinehafen der Welt in Norfolk zu werfen und unter anderem einen der riesigen Flugzeugträger zu bestaunen. Norfolk liegt auf der anderen Seite des James River und wir müssen durch einen Tunnel dorthin gelangen. Vor der Tunneleinfahrt können wir schon in einiger Entfernung mehrere Flugzeugträger erkennen. Über Seitenstraßen am Flußufer versuchen wir mehr von den Schiffen sehen zu können und stehen schon bald vor einem großen, bewachten Tor zur Naval Base der US Marine. Im Begriff zu wenden, werde ich energisch vom Wachsoldaten aufgefordert bis zum Tor vorzufahren und dort zu stoppen. Auf meine Frage, ob es hier eine Durchfahrt gibt, erhalte ich die unmissverständliche Antwort: „Negative !!!“ Zudem verlangt er meinen Führerschein, gibt die Daten über Funk weiter und macht für einige Minuten einen sehr grimmigen Eindruck. Nachdem meine Daten scheinbar unverdächtig sind möchte ich eigentlich nur wenden, doch das geht nicht so einfach. Er erklärt mir eindringlich, dass er zu Fuß vorgeht, ich im Schritttempo folgen soll und er mir danach den Führerschein zurückgeben will, damit ich verschwinden kann. Sollte ich Gas geben und vorfahren würde ich in Arrest kommen. Da ich das nicht so gern möchte, halte ich mich an seine Vorgaben und wir können wieder von dannen ziehen. Über die Hauptzufahrt zur Naval Base versuchen wir nochmals dichter an die Schiffe zu kommen, aber auch hier können wir keinen Blick ergattern. Somit fahren wir zu einem Barbequerestaurant direkt neben der Base um endlich zu Abend zu essen. Der Wirt kann uns auch keinen guten Ort mit Blick auf die Schiffe nennen.

Auf der Fahrt zurück nach Richmond können wir dann aber doch von dem Highway aus erkennen, dass 4 große Flugzeugträger im Hafen sind. Für Fotos gibt es aber keine Gelegenheit während der Fahrt.

Bevor die Reise weiter geht, besichtigen wir in Richmond noch das Capitol von Virginia. Ein ausgesprochen netter Guide erzählt uns viel über die Geschichte Virginia´s. Dieser sympatische ehemalige Lehrer war zur Zeit des Mauerfalls Gast in Kiel und Berlin und schwärmt von seiner Zeit in Deutschland.

Anschließend geht es in das Bürgerkriegsmuseum. Hiervon hatte ich mir allerdings mehr versprochen. Auch machen wir einen kurzen halt beim berühmten Jefferson Hotel. Nur der Blick in die Eingangshalle und das Foyer lohnt schon den Abstecher. Für eine Nacht hier ist unser Budget etwas zu knapp. Unsere Pläne für die Weiterfahrt in die Appalachen und den Shenandoah Nationalpark geben wir wetterbedingt auf. Zum einen soll es abends regnen und zum anderen gibt es wegen des Westwindes viel Rauch und giftigen Fallout von den Waldbränden in Kanada. Wir fahren deshalb auf direktem Weg nach Norden. Zwischenstation bis nach Washington machen wir in Frederickstown. Da wir ein relativ gutes und günstiges Motel finden, hängen wir gleich einen weiteren Tag zum Ausspannen dran.

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