Mai

15

Kaum haben wir die Bucht von Marsh Harbour verlassen, können wir auch schon die Segel setzen. Mit Speed geht es über die Bank der Abacos, dem nördlichen Riff bei Man-O-War Cay entgegen. Ein letztes Mal für dieses Jahr erfreuen wir uns an den wunderschönen Farben des Wassers und den nahen Stränden. Schon geht es durch die Brandung des nahen Riffs und wir sind auf dem Nordatlantik. Wind aus Südost lässt uns die ersten 2 Tage gut voran kommen. Dann aber dreht er auf Süd und wird schwächer, weswegen wir unter Motor eine längere Etappe zurücklegen, um nicht den Anschluss an die guten Windverhältnisse höher im Norden zu verlieren. Bei Westsüdwestwind baumen wir dann das Vorsegel aus und kommen gemächlich Richtung Bermudas voran. Hier wollen wir nicht Station machen, sondern direkt weiter bis zu den Azoren.
Das Leben an Bord pendelt sich so langsam wieder ein. Es ist anders schaukelig als bei der Hinfahrt. Diesmal haben wir meistens mehr Lage zu einer Seite, was die Sache etwas stabiler macht aber damit nicht unbedingt einfacher. Gerade für das Kochen gibt es immer neue Herausforderungen. Auf Backbordbug (der Wind kommt von Steuerbord) lässt sich angenehmer Kochen, da sich dann die Schränke nicht bei der Öffnung, ihres Inhaltes entledigen. Auch die abgestellten Dinge rutschen nun Richtung Schiffswand. Krängen wir bei Steuerbordbug, dann hat man nie genug Arme und Hände, um alles zu fixieren oder Schranktüren samt Inhalt zu zähmen. Trotz dieser erschwerten Bedingungen ist es ein wahres Wunder, welche Köstlichkeiten und tolle Gerichte insbesondere von Jens immer wieder auf den Tisch gezaubert werden. Wir leben (zumindest bis die frischen Waren aufgebraucht worden sind) wie die Götter in Frankreich und freuen uns auf jede Malzeit.
Mit der gesamten Bootsausrüstung und der Technik sind wir soweit auch sehr zufrieden. Die Windfahnensteuerung arbeitet zuverlässig und spart uns Energie, die wir bei teils bewölktem Himmel nicht grenzenlos zur Verfügung haben. Die Stimmung ist wieder hervorragend und wir kommen aus verschiedenen Gründen oft aus dem Lachen nicht mehr heraus.
Am Wochenende erleben wir dann einen Frontdurchzug, der uns Winde bis zu 33kn beschert. Da der Wind und die sich ergebenden Wellen von 2-4m von achtern kommen, können wir die Bedingungen gut mit der Fock abreiten und werden vor keine größeren Probleme gestellt. Etmale von 151 und 153 Seemeilen per 24 Stunden sind befriedigend, bei der Betrachtung der vor uns liegenden Gesamtstrecke.
Am Sonntag schläft der Wind dann komplett ein. Da die Vorhersage 8-12kn Wind von hinten hoffen lässt, lassen wir alle Segel oben, um den erhofften Wind sofort nutzen zu können. Die Segel schlagen aber nur und wir kommen etwas spärlich voran, da der Wind sich nicht an die Vorhersage hält.
Schon vor Stunden haben wir Bermuda backbord querab passiert und uns dagegen entschieden, dort Diesel zu tanken und die Frischproviantbestände wieder aufzufüllen. Wir wollten keine Zeit verlieren. Nun, bei dieser nervigen Flaute, können wir es uns vom Bestand her nicht leisten, noch mehr Diesel zu verbrauchen. Aber für die nächsten 20 Stunden hier herum zu dümpeln macht für uns auch keinen Sinn. Wir entscheiden uns um und fahren 45 Seemeilen unter Maschine zurück nach Bermuda. Weit vor der Insel werden die Einklarierungsmodalitäten mit den sehr freundlichen Beamten über Funk (Bermuda Radio) besprochen. 15 Minuten vor Dienstschluss (Muttertag Sonntag) werden wir am Zollsteg einklariert und dürfen in der Bucht ankern. Die wenigen Minuten an Land waren wegen unserer Torkelei für alle anderen Anwesenden vielleicht sehr lustig. Nach 6 Tagen heftiger Bewegungen auf Avalon fühlen wir uns wie die Seegurken, die kaum gerade stehen können und nur zitternd die Formulare ausfüllen können. Zu faul und zu müde, jetzt noch das Dinghi wieder auszupacken, mit Luft zu befüllen und für einen Transfer in die Stadt fertig zu machen, werden wir den Abend an Bord verbringen. Auch wenn die Versuchung sehr groß ist, der lauten Musik an Land zu folgen und ein paar Drinks in den Bars zu probieren, bleiben wir standhaft. Das mit den Drinks und der lauten Musik kriegen wir selber auch ganz gut hin. Das Aufstehen am neuen Morgen fällt schwer. Lange nicht mehr haben wir eine so ruhige, schaukelfreie Nacht gehabt. Jetzt heisst es aber, Diesel tanken, Jens geht schon zum Supermarkt, Uwe und ich fahren zurück zum Zollsteg, ich klariere Avalon aus, während Uwe Jens entgegen geht und die Einkäufe zum Boot bringt. Um 12.30h verlassen wir Bermuda wieder durch den Town Cut Richtung Azoren.
Beim Versuch, das Großsegel im ersten Reff zu setzen bekommen wir nur Falten ins Segel. Später als es immer mehr auffrischt und wir das Segel wieder einrollen, verschlimmert sich die Faltenbildung noch mehr. Ich befürchte, dass wir gestern bei dem Segelschlagen bei Flaute uns das Segel noch bauchiger gedehnt haben und es jetzt nicht mehr faltenfrei ein- und auszurollen geht. Dies wäre ein großes Sicherheitsrisiko, da es im falschen Moment dann auch klemmen könnte.
2 Tage segeln wir bei Halbwind mit 15-24kn nur mit Vorsegel, was uns auch befriedigend schnell voran bringt. Die seitliche Welle von 2-3 m Höhe setzt uns bisweilen ordentlich zu, da es beim Aufprall manchmal richtig scheppert, das Boot weit krängt und viel Wasser über kommt. Bei einer dieser Wellen fliegt Jens quer durch den Salon und stößt sich heftig am Navigationstisch. Er hatte sich beim Versuch, die Gewürze am Herausfallen zu hindern nicht ausreichend festgehalten und bezahlt das mit einem blauen Fleck am Hintern.
Heute morgen geht der Wind etwas zurück und wir wagen es, das Groß nochmal herauszuholen. Zu unserer Erleichterung haben sich meine Befürchtungen nicht bestätigt. Das Segel sieht aus wie immer. Wir hatten dann wohl nur einen schlechten Tag beim Segelsetzen. Bei 8-15kn Halbwind machen wir nun gute Fahrt nach Osten und Avalon liegt auch besser in der Welle. Voller Optimismus sehen wir den nächsten Tagen entgegen.

Comment Feed

No Responses (yet)



Some HTML is OK